Ausgefragt?! Hören - Wie wir unsere Ohren schützen
Interview mit Univ.-Prof. Dr. med. Mark Praetorius
Klinik für Hals, Nasen- und Ohrenheilkunde
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Das Interview zum Nachlesen
Mein Name ist Mark Praetorius, ich bin der Bereichsleiter Ohrenheilkunde hier in der Hals-Nasen-Ohrenklinik am UKE.
Wie genau hören wir?
Unser Hörsinn ist so aufgebaut, dass Schallwellen durch den Gehörgang aufs Trommelfell fallen, dort über die drei Gehörknöchelchen auf die Hörschnecke weitergeleitet werden und darin mit Sinneszellen in Nervenimpulse umgewandelt werden. Von dort aus geht es dann ins Großhirn, wo wir tatsächlich das Verstehen haben.
Was passiert bei Schwerhörigkeit in unseren Ohren?
Bei Schwerhörigkeit kann der Schall entweder nicht mehr über die Gehörknöchelchen und das Trommelfell gut aufgenommen werden oder in der Hörschnecke die Schallwellen in Nervensignale umgewandelt werden.
Ab wann sprechen wir von Schwerhörigkeit?
Schwerhörigkeit liegt eigentlich in dem Moment vor, in dem ich mein Gegenüber akustisch nicht mehr verstehe. Auch wenn der Fernseher immer lauter aufgedreht werden muss, ist das schon ein klares Zeichen dafür, sich einmal untersuchen zu lassen.
Welche Risikofaktoren gibt es für Schwerhörigkeit?
Bei der Schwerhörigkeit denken wir ja direkt an Lärm, wobei das im Berufsleben inzwischen sehr gut im Griff und reglementiert ist, während im Freizeitbereich laute Musik – sei es auf Konzerten, sei es über Kopfhörer gehört – eher ein Problem darstellen kann.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Schwerhörigkeit und Demenz?
Unser Hörsinn ist einer der wichtigsten Sinne, wenn es um die Kommunikation, um das soziale Miteinander geht. Und wenn der nicht mehr richtig funktioniert und wir uns aus dem sozialen Gefüge zurückziehen, dann ist es ein großer Gefahrenpunkt für die Entwicklung einer Demenz.
Welche Vorsorgemöglichkeiten gibt es?
Wenn wir besonders gut auf unsere Ohren aufpassen wollen, dann schützen wir sie vor Lärm, beispielsweise mit entsprechenden Ohrpassstücken oder Ohrstöpseln, wenn wir in Konzerte gehen.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Die Behandlung der Schwerhörigkeit hängt von der Ursache ab. Wenn im Bereich des Trommelfells oder der Gehörknöchelchen eine Unregelmäßigkeit vorliegt, beheben wir diese. Wenn in der Hörschnecke die Sinneszellen nicht mehr richtig aktiv sind, sind Hörgeräte in den meisten Fällen eine geeignete Lösung.
Was genau ist ein Cochlea-Implantat?
Wenn Hörgeräte nicht mehr ausreichen, weil die Funktion des Innenohres so weit nachgelassen hat, dass es eben nicht mehr durch eine reine Verstärkung des Schalls von außen zum Höreindruck kommt, können wir den Hörnerven direkt durch elektrische Impulse ansprechen. Dafür verwenden wir ein Cochlea-Implantat.
Wie funktioniert ein Cochlea-Implantat?
Ein Cochlea-Implantat funktioniert letztlich wie ein besonderes Hörgerät: Also, es hat auch ein Mikrofon, es hat eine Vorverarbeitung und das ist, was man außen sieht. Unter der Haut ist das eigentliche Implantat, mit dem die Informationen durch die geschlossene Haut dann über einen Elektrodenträger in die Hörschnecke eingebracht werden und dort den Hörnerven reizen.
Für wen eignet sich ein Cochlea-Implantat?
Es gibt zwei Altersgruppen, die hier im Fokus stehen: Die eine sind Kinder, die gehörlos zu Welt kommen, die andere ist der erwachsene Mensch, der seinen Hörsinn im Laufe des Lebens verloren hat. Das kann auch nur an einem Ohr, beispielsweise durch einen Hörsturz, sein oder eben durch schleichenden Hörverlust, der dann mit Hörgeräten am Ende nicht mehr aufgefangen werden kann.
Haben Sie noch einen Ratschlag für uns?
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Hören schlecht ist oder schlechter geworden ist, oder wenn Ihr Umfeld dieses Gefühl an Sie heranträgt, dann geben Sie sich einen Ruck und lassen Sie einen Hörtest durchführen. In den allermeisten Fällen gibt es hier brauchbare Lösungen und idealerweise ist es ja gar nicht so schlimm! Wenn Du das Gefühl hast, dass Dein Hören schlechter ist oder das in Deinem Umfeld schlechter geworden ist oder Dir gesagt wird: „Hey, Du hörst nicht mehr richtig gut!“ – einfach einen Ruck geben und einmal einen Hörtest machen lassen. In den meisten Fällen gibt es eine gute Lösung und ganz oft ist es ja auch gar nicht so schlimm!