Helfende Hände für den Weg zurück
Sie helfen Corona-Patientinnen und -Patienten auf die Beine, lindern Schmerzen und unterstützen nach Operationen oder Verletzungen dabei, körperlich wieder fit zu werden: Die Physio- und Sporttherapeutinnen und -therapeuten des UKE sind auch in der Corona-Pandemie viel gefragt.
Manche Patient:innen und ihre Geschichten sind Physiotherapeutin Heike Krüger besonders in Erin- nerung geblieben. Wie zum Beispiel die des Mannes Anfang 50: durchtrainierter Triathlet, groß und kräftig, Inhaber eines eigenen Fitnessstudios. Er hatte sich beim Skifahren in Tirol mit dem Corona-Virus infiziert und war mit schwerer Atemnot ins UKE eingeliefert worden. „Der Mann hatte panische Angst, nicht genug Luft zu bekommen und fing sofort an zu hyperventilieren, sobald man ihm die Sauerstoffbrille abnahm“, erzählt Krüger. Ein Teufelskreis, den die Physiotherapeutin oft beobachtet hat. Was sie in diesen Situationen tat? „Ich begleitete die Menschen verbal und taktil, um sie zu beruhigen und ihnen die Sicherheit zu vermitteln, wieder auf ihren Körper zu vertrauen“, erklärt sie.
Eigentlich ist Heike Krüger als stationäre Physiotherapeutin seit mehr als 20 Jahren im UKE in der Klinik für Neurologie im Einsatz. Als im März 2020 Gesundheitsfachpersonal für die peripheren COVID- 19-Stationen in der zum UKE gehörenden tropenmedizinischen Station (Bernhard-Nocht-Klinik) und auf Station 4a gesucht wurden, ist sie sofort dabei. „Ich habe mich schon vor langer Zeit in der Reflektorischen Atemtherapie fortgebildet und wusste, dass ich COVID-19- Patient:innen mit die- ser Behandlung würde helfen können“, sagt Krüger.
Strenge Hygiene für sichere Therapie
80 Physiotherapeut:innen sind im UKE in unterschiedlichen stationären Bereichen tätig. Hinzu kommen sechs ambulante Kräfte sowie neun Sportwissenschaftler:innen und 13 Physiotherapeut:in- nen aus dem UKE Athleticum. „Wir haben strenge Hygienemaßnahmen ergriffen, um ein sicheres Trainings- und Therapieumfeld zu schaffen“, berichtet Jonas Schaerk, leitender Sportwissenschaftler im Athleticum. In den Sporträumen wurde die Personenzahl um die Hälfte reduziert, gearbeitet wird nur mit FFP2-Masken und jedes Utensil nach jedem Gebrauch gründlich desinfiziert. „Wir sind froh, dass wir so den Betrieb aufrecht erhalten konnten. Denn gerade bei chronischen oder akuten Beschwerden ist eine kontinuierliche Behandlung wichtig, um Spätfolgen zu verhindern“, erläutert Schaerk. Das kann Patient Stefan Steurer bestätigen, der seit einer komplizierten Knieoperation physio- therapeutisch und sportmedizinisch im Athleticum betreut wird: „Dank der einmal wöchentlichen Bewegungstherapie habe ich meine Beschwerden heute gut im Griff.“ An das Training mit Mund-Nasen-Schutz hat er sich mittlerweile gewöhnt.
Welche „neuen“ Patient:innen die Corona-Pandemie hervorgebracht hat, weiß Physiotherapeutin Christina Hartojo zu berichten. „Zu mir kommen vermehrt berufstätige Frauen und Männer, die nach vielen Wochen Homeoffice und Homeschooling mit körperlichen Beschwerden kämpfen.“ Viele von ihnen leiden unter starken Verspannungen im Schulter-Nackenbereich, hervorgerufen durch Stress-zustände und Überforderung zu Hause, die Christina Hartojo unter anderem mithilfe von manuellen Therapien behandelt.
In kleinen Schritten voran
Zurück zu Heike Krüger. Auf den COVID-19-Stationen liegen Junge und Alte, Menschen mit Vorerkrankungen und solche, die noch wenige Tage zuvor mit beiden Beinen im Leben standen. „Allen gemein war die Angst vor akuter Atemnot“, erzählt Krüger. Täglich trainiert sie mit ihnen eigenständiges Atmen. Für viele Kranke ist es ein langer Weg zurück ins Leben. „Ich versuchte, sie mit kleinen Trainingszielen zu motivieren. Für den Triathleten zum Beispiel war es ein Riesenerfolg, als es ihm gelang, viermal an einem Tag vom Bettrand aufzustehen.“ Besonders hart trifft es auch einige ältere Menschen, die zusätzlich zu ihrer Corona-Infektion zunehmend die Orientierung verlieren. „Wir alle – Pflegende, Ärztinnen, Therapeut:innen und Reinigungspersonal – nahmen uns stets die Zeit für ein freundliches Wort, um auch diesen Patient:innen etwas Halt zu geben.“ Was Krüger persönlich in dieser Zeit die nötige Kraft gab? „Die Dankbarkeit von genesenen Patient:innen, die wieder nach Hause durften, hat auch mich jedes Mal mit Freude erfüllt.“
Text: Nicole Sénégas-Wulf
Fotos: Axel Kirchhof