Medizinverbrechen im Nationalsozialismus
Eine Veranstaltungsreihe zum neuen Lern- und Gedenkort im Medizinhistorischen Museum Hamburg
Im November 2017 wurde im Medizinhistorischen Museum Hamburg der Lern- und Gedenkort „Medizinverbrechen im Nationalsozialismus“ als neuer Teil der Dauerausstellung eröffnet. Er erinnert an die Hamburger Opfer der NS-Euthanasie, der Zwangssterilisationen und der Humanexperimente im Nationalsozialismus und thematisiert die Verantwortung der Wissenschaften für die Herleitung eines an Eugenik, Rassenideologie und Produktivität orientierten Menschenbilds.
Die Veranstaltungsreihe möchte mit einer Diskussionsrunde, zwei Lesungen und einem Vortrag ausgewählte Aspekte der Ausstellung vertiefen sowie die öffentliche Auseinandersetzung mit dem neuen Lern- und Gedenkort fördern.
Vor jedem Veranstaltungstermin bietet das Medizinhistorische Museum eine kostenlose Führung durch den neu eröffneten Teil der Dauerausstellung an. Die Führungen beginnen jeweils um 18 Uhr.
19.04.2018 – 05.07.2018, donnerstags
18 Uhr 30 – 20 Uhr
Institut für Geschichte und Ethik der Medizin
(Fritz-Schumacher-Haus, Geb. N30b)
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52 oder Seiteneingang Frickestrasse
20246 Hamburg
Der Eintritt zu den Veranstaltungen ist frei.
Gesprächsrunde zum Lern- und Gedenkort „Medizinverbrechen im Nationalsozialismus“ des Medizinhistorischen Museums Hamburg
19.04.2018
Wie lässt sich die Erinnerung an Krankenmorde und ihre Opfer angemessen in einem Museum darstellen? Wir diskutieren mit Personen, die wesentliche Impulse für die Konzeptionierung der neuen Ausstellungsräume gegeben haben.
Es diskutieren: Herbert Diercks (Forschung und Vermittlung der KZ Gedenkstätte Neuengamme), Hildegard Esser (Leiterin der Abteilung Gesundheit der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz Hamburg), Detlef Garbe (Leiter der KZ Gedenkstätte Neuengamme), Hendrik van den Bussche (Mediziner, ehem. Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin des UKE Hamburg), Philipp Osten (Direktor des Medizinhistorischen Museums Hamburg), Michael Wunder (ehem. Evangelische Stiftung Alsterdorf; Mitglied im Deutschen Ethikrat)
Moderation: Monika Ankele, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf
Autorenlesung mit Barbara Zoeke
24.05.2018
Die Psychologin und Schriftstellerin Barbara Zoeke liest aus ihrem Roman „Die Stunde der Spezialisten“ (Berlin: Die Andere Bibliothek), mit dem sie sowohl den Opfern als auch den Tätern der NS-Euthanasie eine Stimme gibt. Ihr Roman wurde mit dem Brüder-Grimm-Preis 2017 der Stadt Hanau ausgezeichnet.
Moderation: Monika Ankele, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf
Vortrag von Thorsten Noack
NS-Euthanasie und internationale Öffentlichkeit. Die Rezeption der deutschen Behinderten- und Krankenmorde im Zweiten Weltkrieg
14.6.2018
Internationale Berichte über einen auf industrielle Weise durchgeführten Massenmord entstanden im Zweiten Weltkrieg nicht erst im Zusammenhang mit dem Holocaust, sondern schon früher: in der Rezeption der "Euthanasie", mit der der nationalsozialistische Genozid unmittelbar nach Beginn des Krieges einsetzte. Thorsten Noack zeigt, wie Politik und Öffentlichkeit in Großbritannien, den USA und der Schweiz auf die Nachrichten von den Behinderten- und Krankenmorden reagierten und beschreibt die Auswirkungen der internationalen Berichterstattung auf die Kenntnisse der deutschen Bevölkerung sowie auf die Abläufe der Medizinverbrechen.
Thorsten Noack, Arzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Dozent am Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universität Düsseldorf
Die Schauspielerin Gala Othero Winter (Schauspielhaus Hamburg) liest aus der Anklageschrift des Hamburger Staatsanwaltes Dietrich Kuhlbrodt gegen Pastor Lensch und Senatsdirektor Struve wegen Beihilfe zum Krankenmord
5.7.2018
Auf Grundlage der Berichte von Albert Huth, der während der NS-Zeit als Patient der Alsterdorfer Anstalten zwangssterilisiert wurde, ermittelte Staatsanwalt Dietrich Kuhlbrodt ab 1967 zu den Hamburger Krankenmorden. 1973 verfasste er eine über 800 Seiten dicke Anklageschrift gegen Pastor Friedrich Lensch, dem damaligen Leiter der Alsterdorfer Anstalten, und Kurt Struve, der als Leiter der Allgemeinen Verwaltung der Hamburger Gesundheitsbehörde die Verlegung psychisch kranker und körperlich behinderter PatientInnen in NS-Tötungsanstalten organisierte.
Im Anschluss an die Lesung spricht Philipp Osten (Institut für Geschichte und Ethik der Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf) mit Dietrich Kuhlbrodt.
Der Schauspieler Jörg Pohl, der für die Lesung angekündigt war, musste leider absagen.
Koordination:
Dr. Monika Ankele, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Email: m.ankele@uke.de