„Wir wollen wachrütteln und Mut machen!“ – Bilderausstellung zur Organspende am UKE eröffnet
Mulitmediale Ausstellung „Wiederleben2“ des Vereins transplantiert e.V. bis März 2024 am UKE zu sehen
Das Universitäre Transplantations Centrum (UTC) des UKE und die Medizinische Fakultät des UKE heißen die Ausstellung „Wiederleben2“ herzlich in Hamburg willkommen. Von November 2023 bis März 2024 ist die multimediale Ausstellung des Vereins transplantiert eV. am UKE und damit zum ersten Mal in Norddeutschland zu sehen.
Unter dem Untertitel „Mein zweites Leben ist ein großes Glück für mich“ gewähren 15 Transplantierte in Portraits und per QR-Code aufrufbaren Videos einen Einblick in ihr Lebensschicksal vor der Transplantation und in ihr „neues Leben“ nach dem rettenden Eingriff. In eindrucksvollen Worten und Bildern wird deutlich: Organspenden ermöglichen ein neues, lebenswertes Leben. Im Mittelpunkt stehen dabei die 15 Betroffenen, die einen privaten Einblick in ihre Erkrankung geben und zeigen, wie ein Spenderorgan ihr Leben wieder lebenswert machte.
Eröffnet wurde die Ausstellung am 8. November 2023 im Gebäude „Campus Lehre“ auf dem UKE-Gelände mit einer gemeinsam von UTC und Medizinischer Fakultät sowie den Initiatoren vom Verein transplantiert e.V. ausgerichteten feierlichen Vernissage. Aufgrund der großen gesellschaftlichen Relevanz des Themas wurde die Eröffnung mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Organspende – die vergessene Aufgabe!?“ verbunden.
Ausstellungsort mit Bedacht gewählt
Der Ausstellungsort im öffentlichen Bereich des „Campus Lehre“ am UKE ist mit Bedacht gewählt. Der „Campus Lehre“ ist der zentrale Ort des Studierendenunterrichts für den medizinischen Nachwuchs in Hamburg. Täglich gehen Hunderte von angehenden Ärztinnen und Ärzten an den 15 großformatigen Bildern vorbei und kommen so in Berührung mit einem Thema, das zwar in der Ausbildung von angehenden Medizinern vorkommt, aber selten so direkt erlebbar mit persönlichen Schicksalen verknüpft ist. Gleichzeitig ist das Gebäude auch für die Öffentlichkeit zugänglich und bietet so die Möglichkeit zu einem flexiblen Besuch durch Interessierte. Bereits am Tag vor der Eröffnung, während des Aufbaus der Ausstellung, wurde deutlich, auf welch großes Interesse die Bilder in der Studierendenschaft stießen, als immer wieder Studierende sich um die noch nicht fertig aufgebauten „Portrait-Stationen“ versammelten, die Texte duchlasen und sich die verknüpften Videos anschauten.
Die Vernissage
Entsprechend würdigte die Geschäftsführerin der Medizinischen Fakultät, Frau Heike Koll, in ihrem Grußwort zur Eröffnung das Engagement aller Beteiligten und hieß die Ausstellung in „ihren“ Räumlichkeiten herzlich willkommen. Sie war sich sicher, dass von der Ausstellung positive Impulse für den Studentenunterricht ausgehen werden. Die ohnehin gute Zusammenarbeit zwischen Transplantationszentrum und Dekanat in punkto Aufklärung zur Organspende habe hier einen gut sichtbaren Ausdruck gefunden. Prof. Dr. Florian Grahammer (Bild rechts) unterstrich dies: Es sei wichtig, dass auch junge Menschen sich mit diesem Thema beschäftigen und dass darüber hinaus im Familien- und Bekanntenkreis offen über das Thema Organspende gesprochen werde. Dazu leiste diese Ausstellung einen wichtigen Beitrag. „Wir müssen eine Kultur pro Organspende schaffen“, so der Direktor des Universitären Tranplantations Centrums.
„Organspende – die vergessene Aufgabe?!“
Geprägt wurde die Eröffnungsveranstaltung von einer anschließenden Podiumsdiskussion unter dem Titel „Organspende – die vergessene Aufgabe!?“. Die Diskussionsteilnehmer Frau Dr. Silke Heinemann (Leiterin Hamburger Amt für Gesundheit), Herr Dr. Kampe (Transplantationsbeauftragter UKE), Frau Anita Wolf (Netzwerk Spenderfamilien), Frau Dr. Katharina Woellert (Vorstandsbeauftragte Klinische Ethik UKE) und Frau Vanadies Datta (transplantiert e.V.) boten Gewähr, das Thema Organspende von allen relevanten Seiten zu betrachten. Unter der Moderation von Prof. Dr. Florian Grahammer streifte die Diskussion verschiedenste Aspekte rund um die Organspende: Die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland, einen Ausblick auf andere europäischen Länder, ethische Fragen rund um das Thema Sterblichkeit, Organspende und gesellschaftliche Verantwortung sowie aus erster Hand eine Situationsanalyse eines Transplantationsbeauftragten.
Besonders eindrucksvoll waren die persönlichen Schilderungen aus eigenem Erleben. So schilderte Frau Wolf vom Netzwerk Spenderfamilien anschaulich die konkrete Situation, in der sie nach dem plötzlichen Tod ihres Ehemannes mit der unerwarteten Frage nach einer möglichen Organspende konfrontiert wurde. Dies war ein „Schock“, in einer Situation, in der man ohnehin schon in einer Art „Vakuum“ sei und sich frage: „Warum passiert ausgerechnet mir das? Und warum kann die moderne Medizin meinen Angehörigen nicht retten?“. Sie stimmte schließlich einer Organspende zu, in der Gewissheit, dass dies der Wunsch ihres Mannes gewesen ist. Drei fremden Menschen rettete sie damit das Leben.
Dr. Kampe bestätigte dieses Erleben auch aus seiner Sicht des Transplantationsbeauftragten, die Diagnose eines Hirntods sei „ungewöhnlich“, „fremd“ und technisch. Damit komme zur Trauer der Angehörigen ein „befremdliches Element“ hinzu. Und obwohl der Großteil der Bevölkerung Organspenden grundsätzlich positiv gegenüberstehe, spiegele sich dies im Ernstfall auf der Intensivstation nur unvollständig wieder. Läge kein schriftlicher Wille des Verstorbenen vor, würden nur 30-40 % der Angehörigen einer Organspende zustimmen.
Gefragt nach dem Erfolgsrezept zur Förderung der Organspende, wies Frau Dr. Heinemann neben den gesetzlichen Regelungen und der Refinanzierung der Kliniken besonders auf das „Konzept der Haltung“ hin. Erfolgreiche Länder und auch einzelne Kliniken zeichneten sich besonders durch eine besonders ausgeprägte positive Haltung pro Organspende und selbstverständliche Verankerung des Themas im Alltag aus. Organspende sei Teamaufgabe, da müssten alle Räder ineinandergreifen.
Einig waren sich alle Diskutanten über die Forderung von Frau Dr. Woellert, den Tod „wieder zurück in die Gesellschaft zu holen“ und nicht unangenehme Fragen zur eigenen Sterblichkeit auszuklammern. Die Gespräche über eine mögliche Organspende dürften darüber hinaus nicht „zweckorientiert“, sondern ergebnisoffen geführt werden. Frau Datta vom Verein transplantiert e.V. und selber herztransplantiert unterstrich dies: Wichtig sei, dass überhaupt eine Entscheidung getroffen werde. Bleibe die Einführung der Widerspruchslösung aus, müsse man eben auf individueller Ebene etwas bewegen.
„Organspender sind Lebensretter“
Aus dieser Motivation heraus, so Frau Datta (Bild rechts), sei auch die Ausstellung entstanden: „Wir wollen zeigen, dass man nach einer schweren Erkrankung durch eine Organspende gut weiterleben kann. Aber wir wollen auch wachrütteln und Mut machen.“ Zum einen den schwerkranken Menschen, die zuhause oder im Krankenhaus voller Hoffnung und Sorge auf eine rettende Organspende warten, zum anderen den Familien, die in ihren schwersten Stunden einer Organspende zugestimmt hätten. „Wir wären nicht hier, wenn es die Spenderfamilien nicht gäbe. Daher ist die Ausstellung auch ein Dank an die vielen Spenderfamilien.“ Transplantierte und Angehörige von Spendern seien zwei Seiten derselben Medaille. Entsprechend gehörten die Spenderfamilien viel mehr in den Fokus der Öffentlichkeit.
Angesichts der schlechten Organspendezahlen in Deutschland waren sich alle einig, dass es eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem Thema brauche: „Steter Tropfen höhlt den Stein“. So dürfe man sich nicht entmutigen lassen. „Fangen wir es gemeinsam an! Und bitte: Treffen Sie eine Entscheidung zu einer möglichen Organspende“ war daher der gemeinsame Schlussappell der Diskussionsteilnehmer. Denn: „Organspender sind Lebensretter!“
(Bildnachweis: 7 x UKE/A.Kirchhof; 1x F.Bleis, Transplantiert e.V.)
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------