„Das Virus soll lieber Angst vor mir haben!“
Viele Berufsgruppen, die sonst nicht im Licht der Öffentlichkeit stehen, gehören während der Corona-Pandemie zu den wichtigsten. Nebahat Beyazgül arbeitet als eine von insgesamt 430 Reinigungskräften im UKE, festangestellt beim UKE-Tochterunternehmen Klinik Service Eppendorf (KSE). Als Freiwillige unter ihren Kolleginnen und Kollegen gesucht wurden, um die Patientenzimmer auf einer COVID-19-Intensivstation zu reinigen, meldete sie sich sofort. Im Telefoninterview erzählt sie von ihrem Arbeitsalltag unter strengen Hygienebedingungen.
Frau Beyazgül, wie hat sich Ihre Arbeit durch die Corona-Pandemie geändert?
Ich habe auch vorher schon in sensiblen Klinikbereichen gearbeitet wie im OP oder auf Intensivstationen – allerdings auf anderen Intensivstationen, ohne Corona-Patienten. Da galten auch besondere Hygienevorschriften. Für die jetzige Situation habe ich eine Extra-Schulung bekommen, denn wir müssen extrem vorsichtig sein. Ich habe auf der COVID-19-Station schon Handschuhe an, eine Kopfhaube und eine einfache Atemmaske auf. Im Patientenzimmer, direkt hinter der Tür, ziehe ich zusätzlich einen Kittel an, setze eine Schutzbrille über meine eigene Brille und eine Filtermaske auf. Im Zimmer benutze ich lauter Einmal-Tücher zum Abwischen der Oberflächen.
Das klingt sehr mühsam.
Für mich ist das nicht mühsam. Auch, wenn man unter den Filtermasken natürlich schwitzt. Angenehm sind die nicht zu tragen – aber es ist notwendig.
Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Arbeit angemessen wertgeschätzt wird?
Von den Patienten, meinen Sie? Die Corona-Patienten auf der Intensivstation sind ja momentan nicht ansprechbar. Aber viele Patienten, die ich sonst bei meiner Arbeit kennenlerne, bedanken sich persönlich bei mir, wenn sie nach Hause gehen. Im Moment spreche ich hauptsächlich mit den Pflegekräften von der Corona-Intensivstation, die mir die Stationstür öffnen, wenn ich meinen Dienst beginne. Die freuen sich immer, wenn ich komme. Sie wissen, dass ich super saubermache. Wenn ich ein paar Tage freihatte, fragen sie, wo ich war. Aufgrund der aktuellen Lage arbeite ich mehr als sonst.
Sie müssen ja daran mitwirken, die Corona-Pandemie zu bekämpfen!
Nein, ich bekämpfe Corona nicht mit. Das machen die Ärzte und die Pflegekräfte. Ich arbeite wie vorher – nur ein bisschen mehr. Das ist wichtig im Moment. Ich denke, dass die Patienten nur gesund werden können, wenn es picobello sauber ist. Also mache ich alles picobello sauber. Und so viele Patienten sind schon gesund geworden und weggegangen. Ich habe meinem Chef gesagt: Meinen Urlaub kannst du schieben, ich gehe nach Corona in Urlaub.
Und wenn das noch länger dauert?
Dann verschiebe ich meinen Urlaub weiter. Das ist kein Problem für mich. Aber irgendwann muss ich meinen Urlaub nehmen! Denn den brauche ich. Das weiß mein Chef aber auch.
Befürchten Sie, dass Sie selbst an COVID-19 erkranken könnten?
Ich selbst habe keine Angst. Wovor soll ich Angst haben? Ich habe doch eine gute Schutzausrüstung an und mache alles, wie ich es in der Hygieneschulung gelernt habe. Das Virus soll lieber Angst vor mir haben!
Woher nehmen Sie die Kraft, die Motivation?
Ich liebe meine Arbeit! Und bin froh, dass ich sie habe. Arbeit ist Arbeit. Ich bin schon seit 40 Jahren Reinigungskraft im UKE und sehr zufrieden. Mein Vater hat vor mir auch im UKE gearbeitet, in der Wäscherei. Für mich sind die Rahmenbedingungen gut. Mein Chef und mein Vorarbeiter sind nett. Sie reden vernünftig mit mir. Ich habe die gleichen Rechte und Vorteile wie alle Mitarbeiter im UKE.
Worauf freuen Sie sich nach Schichtende?
Dann freue ich mich auf einen Kaffee zu Hause und hoffe, dass wieder einige Corona-Patienten, deren Zimmer ich während meines Arbeitstages gereinigt habe, am nächsten Tag auf Normalstation verlegt werden konnten. Häufig wird meine Hoffnung wahr.