Herz- und Gefäßzentrum fährt langsam hoch
Noch wirkt er ziemlich leer, der Wartebereich in der Gefäßambulanz des Universitären Herz- und Gefäßzentrums. Seit der Corona-Pandemie werden hier vor allem die dringenden Fälle in den jeweiligen Spezialsprechstunden betreut. In anderen Bereichen, wie der Interventionellen Kardiologie zum Beispiel, herrscht dagegen fast wieder Normalbetrieb. Wie COVID-19 die Arbeit im Herz- und Gefäßzentrum verändert hat und welche Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz von Patientinnen und Patienten getroffen wurden, haben UHZ-Mitarbeiter im Telefoninterview berichtet.
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Sina Noorzad, Gefäßassistentin im Universitären Herz- und Gefäßzentrum
„Ich arbeite seit neun Jahren als Gefäßassistentin in der Klinik für Gefäßmedizin. In unserer Ambulanz werden Gefäßverschlüsse aller Art behandelt, dazu gehören zum Beispiel Krampfaderleiden, periphere arterielle Gefäßverschlüsse (PAVK) oder angeborene Gefäßanomalien. Meine drei Kolleginnen und ich betreuen stationäre und ambulante Patientinnen und Patienten und führen alle notwendigen Untersuchungen mit ihnen durch.
Normalerweise ist das Wartezimmer für unsere sechs verschiedenen Gefäßsprechstunden, die immer vormittags stattfinden, sehr gut gefüllt. Seit der Corona-Pandemie haben wir die Patientenzahl auf die schweren Fälle von etwa 20 auf vier bis sechs täglich reduziert, um den Wartebereich zu entlasten und dadurch besonders unsere älteren Patienten zu schützen. Über den Gesundheitszustand unserer Patienten halten wir uns dennoch stets informiert. Sie werden regelmäßig telefonisch kontaktiert und – sobald Beschwerden auftreten – in die Gefäßambulanz einbestellt. Damit in der Ambulanz alles reibungslos und möglichst kontaktarm ablaufen kann, takten wir die Termine so genau, dass Patienten, die von den Stationen kommen, ohne Wartezeit direkt in die jeweiligen Untersuchungsräume kommen. Dabei tragen sowohl die Patienten als auch wir durchgängig einen Mundschutz.
Auch viele interne Abläufe haben sich mit COVID-19 geändert. So finden all unsere Besprechungen und Übergaben, in denen einzelne Fälle durchgegangen werden, derzeit via Telefonkonferenzen mit teils 20 Teilnehmern statt. Diese virtuellen Treffen laufen zwar sehr geordnet und fokussiert ab, doch der persönliche Austausch mit den Kollegen fehlt natürlich.
Ich persönlich bin froh über die strengen Sicherheitsvorkehrungen, denn sie schützen auch mich als Mitarbeiterin. Gerade am Anfang der Pandemie wurde ich manchmal schon nervös, wenn ein Patient husten musste oder Erkältungssymptome hatte. Nicht, weil ich persönlich Angst vor dem Virus habe, sondern weil ich fürchtete, meine Eltern anstecken zu können. Mittlerweile habe ich wieder Vertrauen gefasst und freue mich, unseren Patientinnen und Patienten auch in Corona-Zeiten sicher zur Seite stehen zu können.“ -
Dr. Marko Remmel, Oberarzt für Innere Medizin und Kardiologie und Leiter Klinisches Management in der Klinik und Poliklinik für Kardiologie
„In den ersten vier Wochen der Corona-Pandemie sind etwa 40 Prozent unserer Herzpatientinnen und -patienten ausgeblieben. Viele, vor allem die Notfallpatienten, sind aus Angst, sich mit Corona zu infizieren, einfach zu Hause geblieben. Das hat uns mit großer Sorge erfüllt, denn im Gegensatz zu anderen Bereichen behandeln wir meist dringende oder Notfall-Patienten, bei denen der Leidensdruck sehr hoch ist. Koronare Herzerkrankungen, Herzinfarkt, Herzschwäche oder Rhythmusstörungen machen dabei den Hauptanteil aus. Viele dieser Patienten erhalten bei uns eine Untersuchung im Herzkatheterlabor, bei der die Herzkranzgefäße untersucht und Verengungen behandelt werden.
Zu Beginn des Lockdowns erreichten uns im UHZ beinahe täglich neue Verfahrensanweisungen, um eine Ausbreitung der Pandemie zu verhindern. In einem ersten Schritt fiel gemeinsam mit dem UKE die Entscheidung, das Herz- und Gefäßzentrum aus der Betreuung von Corona-Patienten herauszuhalten, um die Versorgung der Herzkreislaufpatienten sicherzustellen. Anschließend wurde in engem Austausch zwischen Pflegekräften, Administration und Ärzten alles daran gesetzt, umgehend ein Sicherheitskonzept für das UHZ zu entwickeln, das sowohl Patientinnen und Patienten als auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich schützt. So haben wir ganz neue Patientenwege geschaffen und Schutzbarrieren eingeführt. Bevor ein Patient durch die Notaufnahme oder Intensivstation zu uns kommt, wird er zunächst auf sein Infektionsrisiko geprüft oder es wird ein Rachenabstrich vorgenommen. Bei der kleinsten Unsicherheit kommt der Patient bei seiner Verlegung ins UHZ zunächst auf unsere eigens dafür eingerichtete Isolierstation und wird dort unter Quarantänebedingungen behandelt, bis klar ist, dass keine Corona-Infektion vorliegt. Wir haben sogar speziell eines unserer Katheterlabore für COVID-19-Patienten eingerichtet, in dem Eingriffe räumlich getrennt von unseren anderen Herzpatienten für alle Beteiligten sicher stattfinden können. Darüber hinaus wickeln wir Übergaben, Visiten oder Fallbesprechungen derzeit nur telefonisch ab und reduzieren Kontakte untereinander auf das Nötigste.
Was die Belegung der Betten angeht, laufen wir mittlerweile fast wieder im Normalbetrieb. Wir sind sehr froh, dass bislang – trotz des kurzfristigen Patienteneinbruchs – die befürchtete Welle an unversorgten Herzerkrankungen ausgeblieben ist. Ob es an den verhängten Lockdownmaßnahmen liegt oder daran, dass Patienten ihre Symptome unterdrückt und seltener den Notruf gewählt haben, wird sich erst später in Untersuchungen und Studien klären lassen. Froh bin ich auch darüber, dass es uns dank der getroffenen Sicherheitsvorkehrungen gelungen ist, in Zeiten der Pandemie unseren Patienten unter sehr gut kontrollierten Bedingungen weiterhin kardiovaskuläre Hochleistungsmedizin bieten zu können. Die professionelle Art und Weise, wie wir angesichts der Krise zwischen Ärzten und Pflege sowie zwischen den verschiedenen Fachabteilungen UKE-weit zusammengearbeitet haben, hat mich nachhaltig beeindruckt.“ -
Niklas Ditsch, stellvertretender Stationsleiter auf der Herzrhythmusstation H5a
„Auch auf Station H5a für Herzrhythmusstörungen, die ich stellvertretend pflegerisch leite, haben wir uns zu Beginn der Corona-Krise auf die Notfälle konzentriert und das restliche Programm deutlich heruntergefahren. Viele Pflegekräfte, so auch einige von unserer Station, haben seit März in der Klinik für Intensivmedizin gearbeitet, um die dortigen Kollegen in der Versorgung der intensivpflichtigen Patienten zu unterstützen. Die letzten von ihnen kommen jetzt im Juni auf ihre Heimatstationen im Herz- und Gefäßzentrum zurück.
Alle Patientinnen und Patienten, die zu uns kommen, werden zunächst durch eine unserer Pflegekräfte oder MFA per Nasen-/Rachenabstrich auf das Corona-Virus getestet. Wir betreuen sowohl Notfall- als auch geplante, also elektive Patientinnen und Patienten mit Herzrhythmusstörungen aller Art und Schwere. Hierzu zählen unter anderem Vorhofflimmern, ventrikuläre und supraventrikuläre Tachykardien oder AV-Blockierungen. Je nach Diagnose reichen die Behandlungen von elektrophysiologischen Untersuchungen per Katheter bis hin zu Implantationen von Herzschrittmachern und Defibrillatoren.
Anfang April war bei vielen Patienten noch Unsicherheit zu spüren. Doch Fragen wie „Bin ich hier wirklich vor dem Virus sicher?“ sind seltener geworden. Auch Begegnungen, wie die mit einem älteren Herrn, der sich bei uns mit einem selbstgebastelten Mund-Nasen-Schutz aus einem Staubsaugerbeutel vorstellte, sind nicht wieder vorgekommen. Es ist zwar noch keine Rückkehr zum Normalbetrieb, doch spürt man, dass viele Patienten zuversichtlicher werden und sich neue Arbeitsabläufe zunehmend einspielen. Und wenn doch mal jemand unsicher ist, versuchen wir im Gespräch, diese Ängste zu nehmen.“