Die Sprache des Gehirns
Sonderforschungsbereiche (SFB) gehören zu den begehrtesten Förderprogrammen in Deutschland. Die Neurowissenschaftler des UKE sind gleich an zwei SFBs maßgeblich beteiligt.
„Derzeit untersuchen wir im Rahmen einer Studie Schlaganfallpatienten, die neurophysiologisch und klinisch unter Einsatz multimodaler Bildgebung charakterisiert werden", sagt Prof. Dr. Christian Gerloff, Direktor der Klinik für Neurologie. Von den Patienten haben die Mediziner zahlreiche Daten zur Hirnstruktur und Hirnfunktion erhoben – und das viermal hintereinander im Verlauf eines Jahres nach dem Schlaganfall. Sie kennen die Biografie, jeden Blutwert sowie alle klinischen Scores, die regelhaft nach einem Schlaganfall ermittelt werden, und sie haben den Verlauf des Schlaganfalls und die Erholung des Gehirns detailliert dokumentiert. „Diese Daten eröffnen uns ganz neue Chancen", betont der Neurologe. Gegenwärtig befinden sich in der weltweit einzigartigen Kohorte rund 60 Patienten; mindestens 80 sollen es sein, wenn die zweite Förderphase des SFB 936, zu dem dieses Teilprojekt neben 15 weiteren zählt, 2019 endet.
2011 hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) den Antrag von Gerloff und seinem Kollegen Prof. Dr. Andreas K. Engel, Leiter des Instituts für Neuro- und Pathophysiologie, für den SFB 936 „Multi-Site Communication in the Brain" („Funktionelle Kopplung neuronaler Aktivitäten im Gehirn") bewilligt. Rund zehn Millionen Euro Fördermittel gab es bei der Gründung, weitere zehn Millionen bei der Verlängerung Mitte 2015. Neben Wissenschaftlern der Universitäten Hamburg, Lübeck und Osnabrück sind rund 20 UKE-Experten verschiedener Fachrichtungen in den SFB eingebunden.
Die Ziele der Forscher sind ehrgeizig. Sie wollen die Sprache des Gehirns verstehen. „Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Emotion, Handlungen und andere kognitive Prozesse beruhen auf der Aktivierung hochgradig verteilter Netzwerke im Gehirn und erfordern das Zusammenwirken zahlreicher Hirnregionen. Dementsprechend ist anzunehmen, dass Fehlfunktionen in den Netzwerken zur Entstehung neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen beitragen können", erläutert Gerloff. Das multidisziplinäre Team untersucht, wie neuronale Netzwerke die Kommunikation der rund 100 Milliarden Nervenzellen im Gehirn organisieren, wie Schlaganfall, Parkinson, Schmerz oder Schizophrenie diese Netzwerke verändern und wie diese gestörten Netzwerke positiv beeinflusst werden können.
TRR169: Kooperation von Mensch und Computer
Ein weiteres Verbundprojekt: Im ersten internationalen Transregio-SFB (TRR 169 „Cross-modal Learning: Adaptivity, Prediction and Interaction") arbeiten seit 2016 UKE und Uni Hamburg mit der Tsinghua University, der Chinese Academy of Sciences, der Beijing Normal University und der Peking University zusammen. Die Erforschung der Prinzipien der crossmodalen Interaktion soll helfen, die Kommunikation und Kooperation von Mensch und Computer besser zu verstehen. Der TRR 169 umfasst 16 Projekte, die gemeinsam von deutschen und chinesischen Wissenschaftlern geleitet werden; sieben davon stehen unter UKE-Führung. Die DFG fördert das UKE hier mit 3,4 Millionen Euro.