Was ist ein Angiom?
„Angiome“ (arteriovenöse Malformationen, AVMs) sind von gesundem Gehirn umgebene Gefäßknäuel (im Bild unten blau umrandet). In solch einem Angiom fließt das vom Herzen kommende Blut mit hoher Geschwindigkeit direkt in die Venen - ohne dabei die kleinen Gehirngefäße zu durchströmen. Die beteiligten Gefäße können enormen Belastungen ausgesetzt sein und deshalb einreißen, so dass es zu einer Blutung in oder um das Gehirn kommen kann. Solche Blutungen können erheblichen Schaden am Gehirn anrichten oder unmittelbar zum Tod führen.
Behandlung nach einer Angiomblutung?
Wenn es bereits zu einer Blutung aus dem Angiom gekommen ist, ist die Behandlung des Angioms (AVMs) zur Verhütung einer erneuten Blutung nötig - sofern technisch eine Behandlungsmöglichkeit besteht.
Auch ohne Blutung behandeln?
AVMs werden auch ohne Blutung entweder als Zufallsbefund diagnostiziert oder weil sie mit klinischen Symptomen aufgefallen sind (Lähmungen, Sprach- Gefühls- und Sehstörungen). AVMs können auch epileptische Anfälle oder starke Kopfschmerzen verursachen. Bei zufällig gefundenen AVMs ist die Entscheidung zur Behandlung schwierig. Hierzu muss man berücksichtigen, dass nur etwa die Hälfte der AVMs jemals im Leben blutet. Selbst wenn eine Blutung eintritt, verbleibt keineswegs immer dauerhaft behindernde Beeinträchtig. Dennoch entschließen sich viele Patienten zu einer Behandlung, sofern das einzugehende Risiko als verhältnismäßig eingeschätzt wird. Voraussetzung zu einer Entscheidung, die von Patienten und Arzt nur nach sorgfältiger Abwägung getroffen werden kann, sind genaue Kenntnisse über die individuellen anatomischen Bedingungen der AVM und über die Art und Risiken der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten.
Wie behandeln?
Behandlungsziel ist die komplette Ausschaltung des AVMs aus dem Hirnkreislauf. Inkomplette Behandlungen bringen das operative Risiko mit sich, mindern aber wahrscheinlich nicht das Blutungsrisiko, dessen Beseitigung oberstes Ziel ist. Folgende Behandlungsmöglichkeiten bestehen:
- Vollständige operative Entfernung mit neurochirurgischen Mitteln (meist angewendet bei kleinen AVM, die operativ gut zu erreichen sind).
- Vollständige Ausschaltung aus dem Kreislauf mit neuroradiologischen Verfahren durch Embolisation (meist angewendet bei kleinen AVM).
- Vollständige Beseitigung durch kombiniertes neuroradiologisches und neurochirurgisches Vorgehen. Dies ist das am häufigsten bei uns angewendete Verfahren, mit dem wir bei mehr als 400 Patienten Erfahrung gesammelt haben. Dieses Verfahren nutzt die methodischen Vorteile der kombinierten Spezialmethoden.
- Strahlenbehandlung („Strahlenchirurgie“) ist möglich, wenn die AVM nicht zu groß, aber für eine operative Behandlung ungünstig gelegen ist. Sie ist nicht immer erfolgreich, und es vergehen bis zur definitiven Ausschaltung der AVM u.U. mehrere Jahre, in denen das Blutungsrisiko fortbesteht.
Was ist die neuroradiologische Vorgehensweise?
Dieser Eingriff wird in Narkose durchgeführt. Zunächst wird die AVM genau dargestellt (linkes Bild). Anschließend wird die zughörige Halsschlagader mit einem Katheter (Schlauch) aufgesucht, durch den ein Mikrokatheter in die Blutadern im Kopf und schließlich die einzelnen Versorgungsgefäße der AVM vorgeführt wird. Anschließend wird ein Embolisat (z.B. Gewebekleber) in kleinen Portionen verabreicht, wodurch der Verschluss des Angioms angestrebt wird. Wenn die angiographische Kontrolle eine Ausschaltung belegt (mittleres und linkes Bild), werden die Kathetersysteme entfernt. Bei unvollständiger Ausschaltung kann die vollständige operative Entfernung der Gefäßfehlbildung unmittelbar im Anschluss erfolgen.