COVID-19-Pflege auf der Intensivstation:

„Man muss mit den Augen lächeln“

Ganz nah an den schwer erkrankten und hochinfektiösen Patientinnen und Patienten mit der neuartigen Lungenkrankheit: Ulrike Heidelbach, Intensivpflegerin im UKE, hat auf einer der Intensivstationen mit COVID-19-Patienten gearbeitet. Im Telefoninterview schildert sie, was die Einsätze zurzeit von ihrem normalen Arbeitsalltag unterscheidet.

Ulrike Heidelbach, Intensivpflegerin lächelt in die Kamera, graue kurze Haare, auffällige Brille mit rundem Gläsern, offener direkter Blick
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Ulrike Heidelbach
„Intensivpflege ist psychisch belastend, macht aber auch Freude“

Frau Heidelbach, wie geht es Ihnen?

Mir geht es gut. Nach meinem Eindruck ist das UKE sehr gut organisiert; auch, wenn die Zahl der Intensivpatienten mit COVID-19 steigt, können weitere Patientinnen und Patienten versorgt werden. Zurzeit ist deren Zahl noch überschaubar. Das Anstrengende für mich ist die Anspannung und die Unsicherheit: Was kommt noch auf uns zu?

Wie ist die Situation auf der Station, auf der Sie arbeiten?

Im Moment sind im UKE drei Isolierstationen für COVID-19-Erkrankte eingerichtet. Dort gelten die strengen Sicherheitsmaßnahmen, die wir zum Teil auch von anderen ansteckenden Erkrankungen wie Influenza oder Tuberkulose kennen. Das bedeutet für alle, die in direktem Patientenkontakt arbeiten: Schutzkittel, am Hals geschlossene OP-Haube, Filtermaske, Handschuhe und Schutzbrille. Es ist eine Herausforderung, in dieser Montur mit Patientinnen, Patienten, Kolleginnen und Kollegen zu kommunizieren! Man muss mit den Augen lächeln. Da die Zimmertüren wegen der Ansteckungsgefahr immer geschlossen sein müssen, sehen wir uns sowieso wenig, die Kommunikation im Team läuft über Walkie-Talkie.

Sind die COVID-19-Patienten denn wach?

Das ist je nach Schwere der Erkrankung verschieden. Wenn Patienten beatmet werden müssen, sind sie in der kritischen Phase sediert, doch es gibt auch Patienten auf der Intensivstation, die bei Bewusstsein sind, aber kontinuierlich überwacht werden müssen. Wie bei anderen intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten kümmere ich mich auch bei an COVID-19-Erkrankten zum Beispiel darum, die Vitalzeichen zu kontrollieren, in Absprache mit den Ärztinnen und Ärzten Medikamente nachzusteuern und um pflegerische Maßnahmen wie spezielle Lagerungen und Körperpflege. Eine große Verantwortung – aber die kenne ich auch aus meiner sonstigen Tätigkeit auf der Intensivstation.

Besonders wichtig ist es, die Schutz- und Hygienevorschriften sorgfältig und konsequent einzuhalten.

Machen Sie sich Sorgen, dass Sie sich bei Ihrer Arbeit selbst mit dem Corona-Virus infizieren könnten?

Nein, diese Gefahr blende ich bei meiner Arbeit aus. Besonders wichtig ist es, die Schutz- und Hygienevorschriften sorgfältig und konsequent einzuhalten. Darin sind alle in den vergangenen Wochen noch einmal intensiv geschult worden. Dazu gehört auch, die Umgebung so zu schützen, dass sich Patienten im UKE nicht bei uns in der Klinik anstecken. Aber persönlich gehe ich wie andere Menschen auch ohne Mundschutz spazieren, da habe ich keine Panik.

Wie nehmen Sie den gesundheitlichen Zustand der COVID-19-Patienten wahr?

Wenn Patienten intensivpflichtig werden, kann sich ihr Zustand innerhalb von sehr kurzer Zeit so verschlechtern, dass sie zum Beispiel beatmet werden und weitere lebenserhaltende Maßnahmen erhalten müssen. Beispielsweise profitieren COVID-19-Erkrankte mit einem Lungenversagen von der Bauchlage, bei deren Durchführung alle im Team nach einer festgelegten Verfahrensanweisung zusammenarbeiten. Ebenso kommen plötzliche Einbrüche der Kreislauffunktionen auf Intensivstationen immer wieder vor, da wissen wir alle, was wir tun müssen. Mein Eindruck ist, dass die wachen an COVID-19-Erkrankten durch die inzwischen verbreiteten statistischen Prognosen über den Verlauf der Krankheit bei Intensivpflichtigkeit sehr belastet sein können, insbesondere, wenn sie eine zunehmende Verschlechterung ihres Zustandes wahrnehmen. Das finde ich sehr herausfordernd und anstrengend, diesen unausgesprochenen und ausgesprochenen Ängsten zu begegnen.

Sie sind als Peer-Beraterin auch Ansprechpartnerin für Kolleginnen und Kollegen, die psychisch stark belastet sind. Kommt Ihnen dies in der gegenwärtigen Situation zugute?

Bisher ist mein Eindruck, dass der Austausch über die zurzeit besonders belastenden Situationen eher informell in den sogenannten Flurgesprächen stattfindet. Es ist aber sehr gut, dass es das Peer-Angebot gibt. Dabei geht es um ein 30-minütiges strukturiertes Gesprächsangebot. Ausgehend von der belastenden Situation, wird über die eigenen Ressourcen zu deren Bewältigung gesprochen. Dies, sowie weitere psychosoziale Unterstützungsangebote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Patientinnen, Patienten und deren Angehörige, werden im Moment vom UKE explizit unterstützt und gefördert. Denn die psychische Belastung aller Kolleginnen und Kollegen in den Teams, nicht nur bei der Arbeit mit Covid-19-Patienten, ist hoch. Auch die notwendigen restriktiven Besuchsregeln machen unsere Arbeit schwieriger, weil sie für alle Beteiligten zusätzlich sehr belastend sind. Am schlimmsten ist es natürlich für die Patienten und deren Angehörige, da nur in palliativen Situationen und am Lebensende Besuche erlaubt sind.

An welchen Stellen würden Sie sich noch mehr Unterstützung vom UKE oder von der Politik wünschen?

Ich verstehe nicht, warum ich nicht schon längst viel mehr Geld für meine Arbeit bekomme! An bestimmten Dingen wie Gesundheit darf nicht so stark gespart werden, wie das in den vergangenen Jahren passiert ist. Das abendliche Klatschen finde ich wirklich nett, aber ich frage mich, wann sich die ideelle Wertschätzung auch in höheren Löhnen niederschlägt – auch, um den Nachwuchs bei den Pflegekräften in den nächsten Jahren zu sichern. Außerdem wäre es aus meiner Sicht wichtig, den Fokus nicht zu stark auf das Corona-Virus zu verengen. Ich finde es beispielsweise hochproblematisch, dass wir kaum noch etwas von den Geflüchteten in den Nachrichten hören.

Das UKE ist gut vorbereitet

Das UKE ist auf die Aufnahme von Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf das neuartige Corona-Virus sowie auf Patienten mit einer COVID-19-Erkrankung gut vorbereitet. Als Maximalversorger verfügt das UKE über langjährige Erfahrung in der Behandlung von Infektionserkrankungen und komplexen Krankheitsbildern. In der Sektion Infektiologie des Zentrums für Innere Medizin stehen bis zu 24 Betten für Patienten mit COVID-19 zur Verfügung.
Das UKE verfügt über 140 Intensivbetten für Erwachsene und 128 Beatmungsplätze für eine konventionelle Beatmung, mit denen Patientinnen und Patienten mit einer schweren Lungenerkrankung behandelt werden können. Darüber hinaus verfügt das UKE über weitere Geräte für eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO), die teilweise oder vollständig die Atemfunktion von Patientinnen und Patienten übernehmen können. Aktuell können 50 zusätzliche Beatmungsplätze betrieben werden.

Text: Katja Strube, Fotos: Axel Kirchhof (Stand: 6. April 2020)