Das sagen unsere Experten

Wie ein Locked-in-Syndrom entsteht
Hellwach, aber gelähmt

Als seltene neurologische Folge eines Schlaganfalls kann es zum Locked-in-Syndrom kommen: Dabei vermag ein Patient unter Umständen keinen einzigen Teil seines Körpers zu bewegen, der Geist ist aber wach. Dr. Julia Hoppe aus der Klinik für Neurologie erklärt, wie ein solcher Zustand hervorgerufen werden kann.

Nerven können sich regenerieren, das geht aber nur sehr langsam

Die Folgen eines Schlaganfalls hängen vor allem davon ab, in welchem Teil des Gehirns der Anfall stattfand. Ein sogenanntes Locked-in-Syndrom (LiS) kann entstehen, wenn die Blutzufuhr im „Pons“ – einem Teil des Stammhirns, durch den die gesamte Bewegungssteuerung läuft – unterbrochen ist. Auch Blutungen und andere Erkrankungen in diesem Teil des Gehirns können zu einer vollständigen Lähmung des Körpers führen. „Einige Nervenkerne, zum Beispiel die für die Bewegung der Augen, liegen über dem Pons“, so Oberärztin Hoppe. Deswegen könnten viele LiS-Patienten sich zumindest über Augenbewegungen mitteilen.

Auch mit schwerwiegenden Lähmungen können Patienten wieder Lebensqualität entwickeln.

Wie schlimm ein solcher Zustand für eine Patientin oder einen Patienten ist, hängt unter anderem stark davon ab, wie sehr sie sich in ihr soziales Umfeld eingebunden fühlen, erläutert die Neurologin: „Patienten haben oft erstaunliche Fähigkeiten, auch in schwierigen Situationen wieder Lebensqualität zu entwickeln.“ Abschätzen, ob ein Zustand reversibel ist, ließe sich zu Beginn häufig nicht, erklärt die Ärztin. „Nerven können sich teilweise regenerieren, das geht aber sehr langsam.“ Im Netzwerk des Gehirns könne es zudem möglich sein, dass andere Bereiche Aufgaben aus geschädigten Teilen übernehmen. „Wir Ärzte sind nach einigen Monaten manchmal überrascht, was sich bei Patienten durch Rehabilitationsmaßnahmen getan hat. Voraussagen lassen sich Erfolge leider nicht.“ Bei einem Schlaganfall sei in jedem Fall eine schnelle Notfallbehandlung immens wichtig, betont Dr. Hoppe – auch wenn sich dadurch nicht alle Folgeerscheinungen vermeiden lassen. „Symptome, bei denen sofort die 112 angerufen werden sollte, sind: halbseitige Lähmungen, herabhängende Mundwinkel, plötzliche Sprechstörungen und Doppelbilder.“

Weitere Informationen zur Klinik und Poliklinik für Neurologie

Text: Katja Strube, Foto: Ronald Frommann

Kontakt