Epilepsien sind eine Gruppe verschiedener Erkrankungen des Gehirns, deren Gemeinsamkeit in einer Übererregbarkeit von Nervenzellen des zentralen Nervensystems besteht. Die Übererregbarkeit macht das Gehirn anfälliger für plötzliche und unkontrollierte elektrische Entladungen von Nervenzellverbänden, die zu epileptischen Anfällen führen.
Was passiert, wenn man Epilepsie hat? Was genau ist ein epileptischer Anfall? Und in welchem Alter tritt die Erkrankung am häufigsten auf? Antworten auf diese und andere Fragen rund um das Thema Epilepsie erhalten Sie im folgenden Video. Zusätzlich können Sie Ihr Wissen mit dem Fact Sheet vertiefen.
[Film zur Erkrankung]
Nicht jeder Anfall (umgangssprachlich auch "Krampfanfall") ist zugleich der Hinweis auf eine Epilepsie. Ein Anfall spiegelt nur eine akute Störung des Gehirns wider und kann durch viele vorübergehende Faktoren wie beispielsweise Schlafentzug oder niedriger Blutzucker provoziert werden. Etwa 10% der Menschen erleben in ihrem Leben einen solchen Anfall, ohne dass sie eine erhöhte Anfallsbereitschaft wie bei einer Epilepsie haben. Auch andere medizinische, neurologische und psychiatrische Erkrankungen können einen Anfall nachahmen.
Trotzdem werden im Laufe des Lebens ca. 0,5-1% der Menschen eine Epilepsie entwickeln, also wiederholt epileptische Anfälle erleiden. Bei Kindern und Jugendlichen ist sie sogar die häufigste neurologische Erkrankung.
Epileptische Anfälle können sich je nach Ursache und betroffener Hirnregion auf sehr unterschiedliche Weise präsentieren. Daher gibt es keine einheitlichen Symptome für alle Betroffenen. Bei manchen Menschen betrifft der epileptische Anfall nur eine bestimmte Körperregion und sie bleiben bei Bewusstsein. Bei anderen ist der gesamte Körper betroffen und die Person verliert das Bewusstsein. Obwohl die Symptome von Person zu Person unterschiedlich sind, sind sie bei einer betroffenen Person von Anfall zu Anfall meist gleichbleibend.
Es gibt viele verschiedene Ursachen für Epilepsie. Man unterscheidet zunächst zwischen angeborenen Ursachen, wie genetische Defekt oder Fehlbildungen im Gehirn, und erworbenen Ursachen, die im Laufe des Lebens entstehen.
Zu den erworbenen Ursachen gehören strukturelle Veränderungen im Gehirn, wie ein Schlaganfall oder ein Hirntumor, Infektionen des Gehirns wie eine Gehirnhautentzündung, Stoffwechselerkrankungen oder Autoimmunerkrankungen. Die Zuordnung zu einer genauen Ursache der Epilepsie ermöglicht in vielen Fällen eine spezifische Therapie.
Wegweisend für die Diagnose sind neben einer genauen Beobachtung während des epileptischen Anfalls die Befunde einer Gehirnstrommessung (Elektroenzephalogramm) und einer Bildgebung des Gehirns. Zeichnet sich dabei ein typisches Anfallsmuster und spezifische Befunde in der weiteren Diagnostik ab, kann die Epilepsie gegebenenfalls einem bestimmten Epilepsiesyndrom zugeordnet werden. Mittels Langzeit Video-EEG-Ableitungen über mehrere Tage und durch Hirndurchblutungsmessungen im Anfall besteht bei unserem Kooperationspartner, dem Epilepsiezentrum im
Die Behandlung einer Epilepsie erfolgt in der Regel durch eine langfristige medikamentöse Therapie. Ziel dieser Therapie ist es, Anfallsfreiheit oder zumindest eine gute Anfallskontrolle zu erreichen. Hierfür steht eine Vielzahl an verschiedenen Medikamenten zur Verfügung, die je nach Art und Ursache der Epilepsie eingesetzt werden. Zusätzlich zur medikamentösen Behandlung gibt es Maßnahmen zur Vorbeugung von Anfällen, bei denen auslösende Faktoren vermieden werden sollen. Gelingt hierdurch keine zufriedenstellende Therapie, kann mit weiterführender Diagnostik im Epilepsiezentrum geprüft werden, ob die Möglichkeit für eine epilepsiechirurgische Therapie besteht. Dabei können nach eingehender Nutzen-Risiko-Abwägung anfallsauslösende Bereiche des Gehirns entfernt oder Stimulationsverfahren eingesetzt werden.
Der Verlauf und die Prognose von Epilepsie richtet sich sehr nach der Ursache. Bei bestimmten Epilepsieformen kann die richtige Therapie zu einer guten Prognose oder sogar Heilung führen. Bei den meisten Patient:innen, ca. 70%, können durch regelmäßig eingenommene Medikamente die Anfälle dauerhaft unterdrückt werden. Bei anderen Formen lässt sich die Häufigkeit der Anfälle höchstens verringern und es besteht ein erhöhtes Sterberisiko (u.a. "SUDEP" - sudden unexpected death in epilepsy), sodass dann eine Intensivierung der Therapie angestrebt werden sollte, mit dem Ziel einer möglichst guten Anfallskontrolle bei möglichst guter Verträglichkeit der Therapie.
Alle Formen der Epilepsie können psychosoziale Probleme für die Betroffenen mit sich bringen, da die Unvorhersehbarkeit der Anfälle, der dadurch entstehende Kontrollverlust und die Einschränkungen im Alltag sehr belastend sein können. Betroffene müssen möglicherweise bestimmte Situationen meiden, in denen sie sich selbst (z.B. Schwimmen, Klettern) oder andere (z.B. Autofahren) gefährden könnten.
PD Dr. med. Thomas Sauvigny
Geschäftsführender Oberarzt, Leiter der Epilepsiechirurgie
PD Dr. med. Matthias Gelderblom
Leitender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Neurologie
PD Dr. med. Thomas Sauvigny ist geschäftsführender Oberarzt und Leiter der Epilepsiechirurgie. Er ist Facharzt für Neurochirurgie.
PD Dr. med. Matthias Gelderblom ist leitender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Neurologie. Er ist Facharzt für Neurologie und zertifizierter Ausbilder der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie (DGKN) für EEG.
Gemeinsam mit dem Institut für Humangenetik (Ansprechpartner Priv.-Doz. Dr. med. Georg Rosenberger) und weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen am UKE erforschen wir den komplexen genetischen Hintergrund bei speziellen neurochirurgischen/neurologischen Erkrankungen.
In den letzten Jahren wurden bereits pathogene Mutationen bei Patient:innen gefunden, die eine Temporallappenepilepsie verursachen können, was auf einen möglichen genetischen Hintergrund dieser Krankheit hinweist. Diese pathogenen Varianten erklären bislang jedoch nur eine sehr begrenzte Anzahl von Fällen. Das Ziel unserer Untersuchungen ist die Identifizierung weiterer Genvarianten, die Epilepsie im menschlichen Hirngewebe verursachen.
Im BMBF-geförderten Verbundprojekt EPIMON ist das UKE Partner bei der Erforschung und Entwicklung eines KI-gestützten kontaktlosen Epilepsie-Monitorings zur Prävention von plötzlichen Todesfällen bei Epilepsie (SUDEP).
Weiterhin beschäftigt sich unsere Arbeitsgruppe mit klinischen, epilepsiechirurgischen Fragestellungen, die die Sicherheit und Behandlungsqualität für unsere Patient:innen weiter steigern sollen. Beispielsweise ermitteln wir sogenannte Benchmarks (Qualitätskennzeichen) für Temporallappenresektionen.
Das UKE ist Teil des Epilepsiezentrums Hamburg in enger, langjähriger Kooperation mit der Neurologie / Epileptologie des
In vielen Fällen kann die Epilepsie nicht medikamentös beherrscht werden. Dann besteht oft die Möglichkeit eines epilepsiechirurgischen Eingriffes. Hierbei kann nach ausführlicher Vorbereitung und Diagnostik häufig eine Heilung der Epilepsie oder mindestens eine Verbesserung der Anfallssituation erreicht werden. Für die prächirurgische Diagnostik steht das
Weitere in die Diagnostik involvierte Kliniken am UKE sind: Neuroradiologie, Nuklearmedizin, Neuropathologie.
Epilepsiechirurgische Verfahren bieten bei vielen Patient:innen eine hohe Chance (teilweise 70-80%) auf Anfallsfreiheit und Heilung der Epilepsie.