Ein Schlaganfall ist ein lebensbedrohlicher Notfall. Eine plötzliche Durchblutungsstörung im Gehirn führt dazu, dass der betroffene Teil des Gehirns nicht mehr mit Sauerstoff versorgt wird. Nervenzellen beginnen abzusterben. Der Schlaganfall ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Bei schneller Behandlung ist eine rasche Erholung möglich. Dennoch bleiben bei vielen, die einen Schlaganfall überleben, Behinderungen bestehen.
Was sind Anzeichen für einen Schlaganfall? Wie entsteht überhaupt ein Schlaganfall und kann er komplett geheilt werden? Antworten auf diese und andere Fragen rund um das Thema Schlaganfall geben die frei zugänglichen Lernmaterialien zum Thema. Anhand der Geschichte eines Patienten erfahren Sie, wie ein Schlaganfall sich äußert und wie dieser im UKE behandelt wird. Zusätzlich zum Video können Sie Ihr Wissen mit dem Fact Sheet zum Thema vertiefen.
[Film zur Erkrankung]
Schlaganfall ist der Oberbegriff für die akute Schädigung von Hirnarealen, die entweder infolge eines Gefäßverschlusses (Hirninfarkt oder ischämischer Infarkt) oder durch eine Hirnblutung (hämorrhagischer Infarkt) entsteht.
Der Name leitet sich vom schlagartigen Auftreten der Symptome ab. Jeder Schlaganfall ist ein Notfall. Die betroffene Person muss schnellstmöglich ärztlich versorgt werden. Hier erfahren Sie, was ein Schlaganfall ist, wie Sie einen Schlaganfall erkennen und was bei einem Verdacht auf Schlaganfall zu tun ist.
Anzeichen für einen Schlaganfall können plötzliche auftretende Sehstörungen, Sprachstörungen oder Sprachverständnisstörungen sein. Auch Lähmungen, Taubheitsgefühle sowie Schwindel und ein unsicherer Gang können auf einen Schlaganfall hindeuten. Mit einem einfachen Test kann ein Schlaganfall vermutet werden: Man kann ihn sich mit dem englischen Wort „FAST“ (zu Deutsch: „schnell“) merken. Die Abkürzung steht für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit).
Face (Gesicht)
Bitten Sie die betroffene Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, deutet dies auf einen Schlaganfall hin.
Arms (Arme)
Bitten Sie die betroffene Person, die Arme nach vorne auszustrecken. Bei einer Lähmung kann ein Arm nicht gehoben werden oder er sinkt nach dem Anheben herab.
Speech (Sprache)
Bitten sie die betroffene Person, einen Satz nachzusprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder nuschelt die Person, liegt wahrscheinlich eine Sprachstörung vor.
Time (Zeit)
Je schneller die betroffene Person medizinisch behandelt wird, desto besser.
Rettungsdienst und Notärzt:innen führen vor Ort eine körperliche Untersuchung durch. Bestätigt sich der Verdacht auf einen Schlaganfall, wird die betroffene Person so schnell wie möglich in ein Krankenhaus, das zur Behandlung von Schlaganfallpatient:innnen ausgestattet ist, gebracht. Schnelles Handeln ist wichtig, denn für das Überleben der Nervenzellen im Gehirn zählt jede Minute. Deswegen sagen Mediziner:innen „time is brain“, zu Deutsch „Zeit ist Hirn“.
In der Notaufnahme steht bereits ein Team von Ärzt:innen und Pflegekräften bereit, um weitere körperliche Untersuchungen durchzuführen und die passende Therapie einzuleiten. Mehr über den Ablauf in der Notaufnahme
Die Prognose, also die Vorhersage über den Krankheitsverlauf, bei Schlaganfall hängt davon ab, wo im Gehirn die Schädigung stattgefunden hat und wie lange sie andauerte. Zudem auch davon, wie schnell der:die Patient:in in einem Krankenhaus behandelt wurde. Bestmöglich können Schlaganfallpatient:innen auf einer Stroke Unit versorgt werden, das ist eine Station, die auf die Behandlung von Schlaganfällen spezialisiert ist. Auf der Stroke Unit wird nach der Akutbehandlung frühzeitig mit der Rehabilitation begonnen.
Laut Statistik verstirbt jede:r fünfte Patient:in innerhalb der ersten vier Wochen nach einem Schlaganfall. Jede:r Zweite bleibt nach einem Schlaganfall dauerhaft pflegebedürftig und behindert. Jüngere Patient:innen mit geringen Ausfallerscheinungen haben gute Chancen darauf, dass sich die Einschränkungen weitestgehend zurückbilden.
Zu den wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren für einen Schlaganfall zählen Bluthochdruck, Diabetes mellitus (Blutzuckererkrankung), die Fettstoffwechselstörung (erhöhte Cholesterinwerte) und das Rauchen.
Weitere Risikofaktoren sind Störungen im Herzrhythmus (Vorhofflimmern) sowie auch Verengungen der Halsschlagadern, diese werden u.a. durch Arteriosklerose (Arterienverkalkung) hervorgerufen. Arteriosklerose entsteht durch Ablagerungen von Cholesterin, Blutzellen, Bindegewebe und Kalksalzen. Durch Früherkennung und Behandlung der Risikofaktoren sowie Veränderung des Lebensstils kann das Risiko für Schlaganfälle deutlich gesenkt werden.
Häufig gehen einem Schlaganfall Beschwerden voraus, die nach kurzer Zeit wieder abklingen. Oft sind es die gleichen Symptome, die mit einem „echten“ Schlaganfall einhergehen.
Prof. Dr. med. Tim Magnus
ist Klinikdirektor der Klinik und Poliklinik für Neurologie
Prof. Dr. med. Götz Thomalla
Klinikdirektor & Prodekan für Klinische Forschung und Translation
E-Mail-Adresse:
Prof. Thomalla ist Klinikdirektor der Neurologie und Prodekan für Klinische Forschung und Translation. Zudem leitet Prof. Thomalla die Arbeitsgruppe Clinical Stroke Imaging.
E-Mail-Adresse:
Zugang nur für Studierende und Mitarbeiter:innen des UKEs
Menschen sind in der Lage mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, zum Beispiel Musik hören und ein Bild malen. Diese Fähigkeit beruht sehr wahrscheinlich darauf, dass zahlreiche Hirnregionen zusammenwirken. Im Sonderforschungsbereich 936 wird dazu geforscht, wie verschiedene Hirnregionen zusammenarbeiten und welche gesundheitlichen Folgen es haben kann, wenn diese Zusammenarbeit nicht einwandfrei funktioniert. Können Fehlfunktionen zum Entstehen eines Schlaganfalls oder anderen neurologischen Krankheiten beitragen? Was hat das mit Schlaganfall zu tun?
Wissenschaftliche Forschung und die erfolgreiche Versorgung von Patient:innen sind in einer Universitätsklinik untrennbar miteinander verknüpft. Unter anderem forschen Prof. Thomalla und sein Team zu Schlaganfallursachen und Mechanismen der funktionellen Erholung nach einem Schlaganfall. Neue Erkenntnisse aus der Forschung fließen direkt in die Patient:innenversorgung ein, somit können Patient:innen im UKE von den neuesten Erkenntnissen aus der Forschung profitieren.
Die Forschungseinheit Immunostroke beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen zwischen Gehirn und Immunsystem. Nach einem Schlaganfall kann es zu einer entzündlichen Reaktion des Nervengewebes kommen. In der Forschungseinheit Immunostroke wird im Rahmen verschiedener Projekte zum Beispiel untersucht, wie sich diese entzündliche Reaktion auf die Genesung nach einem Schlaganfall auswirkt und wie sie beeinflusst werden kann. Es arbeiten hier mehrere Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen Disziplinen zusammen.
Der Sonderforschungsbereich SFB1328 befasst sich mit der Rolle von sogenannten Adenin-Nukleotiden bei entzündlichen Erkrankungen. Adenin-Nukleotide sind Moleküle, die für die Kommunikation innerhalb einer Zelle und zwischen verschiedenen Zellen wichtig sind. Im Projekt A13 innerhalb des SFB1328 wird die Rolle von entzündlichen Reaktionen für das Ausmaß der Hirnschädigung bei einem Schlaganfall näher untersucht. Bei einem Sonderforschungsbereich arbeiten mehrere Forscherinnen und Forscher fächerübergreifend über mehrere Jahre zusammen, um gemeinsam wichtige Erkenntnisse zu einem eingegrenzten Themengebiet zu erlangen.
TENSION (efficacy and safety of ThrombEctomy iN Stroke with extended leSION and extended time window: a randomized, controlled trial) konnte Wirksamkeit und Sicherheit der Thrombektomie bei Patient:innen mit schwerem Schlaganfall zeigen.
In der europäischen, multizentrischen, randomisierten, doppelt verblindeten, placebokontrollierten WAKE-UP Studie wurde gezeigt, dass die MRT-gestützten intravenöse Thrombolyse bei Patient:innen mit einem Schlaganfall und unbekanntem Symptombeginn (z.B. „Wake-up Schlaganfall“) effektiv und sicher ist.
Daher ist die Notaufnahme im UKE die erste Auflaufstelle für Patient:inen mit Schlaganfall. Hier werden Schlaganfallpatient:innen von einem hochspezialisierten Team aus Ärzt:innen und Pfleger:innen versorgt. Neurolog:innen, Fachärzt:innen für Erkrankungen der Nerven und des Gehirns, erfragen Zeitpunkt und Art der Beschwerden und führen eine körperliche Untersuchung durch. Wenn möglich, werden regelmäßig eingenommene Medikamente notiert, von Bedeutung sind besonders Blutverdünner. Gleichzeitig untersucht das Notfallteam den Blutdruck, prüft Blutproben auf Störungen in der Blutgerinnung und führt eine EKG-Untersuchung durch. EKG steht für Elektrokardiogramm, damit wird die Aktivität des Herzens untersucht.
Im Anschluss führen Neuroradiolog:innen eine Untersuchung mit dem MRT (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) durch. Neuroradiolog:innen sind Ärzt:innen, die auf die Untersuchung des neurologischen Systems (z. B.: Gehirn und Rückenmark) mit bildgebenden Verfahren (u.a. Röntgen, MRT und CT) spezialisiert sind.
Bei einer solchen Untersuchung wird in einigen Fällen ein sogenanntes Kontrastmittel injiziert, um die Blutgefäße des Halses und Gehirns abbilden zu können. Die Untersuchung mit dem CT oder MRT ist wichtig, um herauszufinden, ob es sich wirklich um einen Schlaganfall handelt oder ob möglicherweise eine Hirnblutung vorliegt, denn diese wird anders behandelt. Liegt ein Schlaganfall vor, so geben die CT bzw. MRT-Bilder Aufschluss über das Ausmaß des Schlaganfalls sowie über den Blutfluss der Arterien im Gehirn.
In den meisten Fällen wird ein Schlaganfall mit einem speziellen, stark blutverdünnenden Medikament behandelt. Diese Therapie heißt Thrombolyse und wird in Form einer Injektion über eine Vene am Arm durchgeführt. Diese Therapie soll die Blutgerinnsel auflösen, welche die Blutgefäße des Gehirns verschließen.
Es kommt manchmal vor, dass die Thrombolyse nicht ausreicht, um die Blutversorgung des Gehirns wiederherzustellen. Bei etwa einem Viertel der Schlaganfallpatient:innen ist ein größeres Blutgefäß des Gehirns durch ein Gerinnsel verschlossen. Die Betroffenen haben schwere neurologische Behinderungen und müssen zusätzlich in einem neuroradiologischen Katheterlabor behandelt werden.
Diese Therapie heißt mechanische Thrombektomie. Dabei wird über die Schlagader unter Röntgenkontrolle ein feiner Draht vorsichtig bis zur verschlossenen Arterie im Gehirn vorgeschoben. Dort angelangt, wird das Blutgerinnsel mit einem sehr feinen Maschendraht umhüllt und „herausgezogen“, so wird der Blutfluss für das Gehirn wiederhergestellt.