„Immer offen für Veränderungen bleiben"

Am 11. Februar ist Welttag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft: Laut UNESCO liegt der Anteil der Frauen in der Forschungs- und Entwicklungsarbeit weltweit noch immer bei unter 30 Prozent.

Prof. Dr. Margit Fisch leitet die Klinik für Urologie am UKE – sie ist seit über 37 Jahren in der Forschung tätig und hat mehr als 300 Publikationen veröffentlicht. In Deutschland war sie die erste Frau, die einen Lehrstuhl im Fachbereich Urologie innehatte. Dr. Imke Fiedler steht mit ihren 35 Jahren vergleichsweise am Anfang ihrer Karriere: Sie absolvierte 2016 ihren Master in Biomedical Engineering, promovierte am Institut für Osteologie und Biomechanik des UKE, und leitet aktuell ein eigenes Forschungsteam. Wir haben die beiden Frauen zu ihren unterschiedlichen Erfahrungen in der Wissenschaft befragt.

Dr. Imke Fiedler
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Dr. Imke Fiedler im Labor

Wieso haben Sie sich für eine Karriere in der Wissenschaft entschieden?

Prof. Dr. Margit Fisch: Das passierte eher zufällig während meiner Facharztausbildung, denn zu der Zeit wurden gerade neue Operationstechniken entwickelt, deren Ergebnisse im Langzeitverlauf wissenschaftlich überprüft werden mussten. Das fand ich sehr spannend und habe so meinen Weg in die Wissenschaft gefunden. Ich habe in den vergangenen Jahren häufig aktuelle Studiendaten auf Kongressen vorgestellt; vor allem der internationale akademische Austausch hat mich sehr begeistert.

Dr. Imke Fiedler: Ich fand es schon immer spannend, wie physikalische, chemische und biologische Prozesse auf der Erde oder im Universum funktionieren, und dass Dinge sichtbar gemacht werden können, die unser bloßes Auge nicht sehen kann. Während meines naturwissenschaftlich-technologischen Studiums hatte ich beim Blick durchs Mikroskop häufig einen „Wow“-Moment, wenn ich etwas Neues sah. Der Entschluss, in die Wissenschaft zu gehen, stand dann schnell fest.

Wenn Sie auf Ihren bisherigen Weg zurückblicken, was hätten Sie gern früher gewusst?

Prof. Fisch: Dass man nicht alles planen kann und deshalb offen für Veränderungen bleiben sollte. Ich erinnere mich noch gut an Gespräche mit Kommiliton:innen am Ende des Studiums, die genau wussten, wohin sie sich bewerben wollten, dass sie habilitieren werden, welchen Weg sie einschlagen möchten. Ich wusste gerade mal, welche Fachgebiete ich spannend fand und war nach den Gesprächen sehr frustriert. Aber es kommt meist anders als geplant und womöglich war ich schneller habilitiert als die meisten Kommiliton:innen.

Dr. Fiedler: Dass das moderne System der akademischen Forschung auch kompetitiv ist, der Wettbewerb und die Konkurrenz herausfordernd sind. Davon sollte man sich aber nicht einschüchtern lassen, sondern sich auf die Hauptaufgabe von Forschung fokussieren: Wissen zu schaffen und zu teilen.

Was war beruflich Ihr größter Erfolg?

Prof. Fisch: Mit der Urologie habe ich mir einen Fachbereich ausgesucht, in dem es damals kaum weibliche Kolleginnen gab – und somit auch keine Erfahrungen mit Frauen in Führungspositionen der Urologie. Für mich war daher mein größter Erfolg, die erste Lehrstuhlinhaberin in meinem Fachgebiet in Deutschland zu sein.

Dr. Fiedler: Mich freuen natürlich Erfolge wie genehmigte Forschungsanträge, Publikationen oder Preise. Was bei mir aber richtige Erfolgsgefühle auslöst, ist, wenn Studierende aus meinem Team exzellente Leistungen erzielen, kreative Lösungsansätze finden und ihre Arbeiten auf Konferenzen präsentieren. Mich macht es auch stolz, wenn sich Absolvent:innen bewusst für eine Karriere in der Wissenschaft entscheiden.

Welchen Tipp haben Sie für angehende Wissenschaftlerinnen?

Prof. Fisch: Man sollte das tun, was man mit Herzblut macht. Aber es braucht nicht nur den Willen, sondern auch Talent und Fähigkeiten dazu. Daher ist eine kritische Selbsteinschätzung notwendig! Während meiner gesamten Ausbildung hat mich ein Poster mit einer Balletttänzerin begleitet auf dem stand: „When love and skill work together expect a miracle“. Und, ebenso wichtig: Nicht zu schnell aufgeben oder enttäuscht sein.

Dr. Fiedler: Traut euch, tut es! Es gab für Frauen vermutlich nie eine bessere Zeit, Karriere in der Wissenschaft zu machen, als jetzt: Es gibt eine Vielzahl an speziellen Förderprogrammen, das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist wichtiger denn je und die Zahl von Frauen in Führungspositionen wächst beständig. Außerdem: Wissenschaft ist interdisziplinär. Wer noch nicht genau weiß, in welche Richtung es einmal gehen soll, sollte nicht verzweifeln. Es ergeben sich immer wieder Momente und Möglichkeiten, die Richtung zu ändern oder neue Interessen zu wecken.


Text: Stefanie Gerling, Fotos: Stefanie Gerling, Eva Hecht