Mit Erfahrung und Fingerspitzengefühl
Rund 150 000 aseptische Zubereitungen werden in der UKE-Krankenhausapotheke jährlich patientenindividuell hergestellt. Zuvor wird jedes Medikament geprüft, verpackt und etikettiert. Auch der Corona-Impfstoff kommt in der Krankenhausapotheke an und wird hier vor seinem Einsatz in der Impfstelle des UKE sicher gelagert.
Im Umgang mit sensiblen Substanzen kennt sie sich aus: Seit zehn Jahren arbeitet Kathrin Surowiak als Pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) in der Herstellung steriler Arzneimittel und bereitet im Reinraumlabor der UKE-Krankenhausapotheke unter höchsten Sicherheitsbedingungen Zytostatika zur Krebstherapie zu. Ende Dezember 2020 steht sie als Fachfrau für Gefahrstoffe in der neuen Impfaußenstelle des Betriebsärztlichen Dienstes im Erika-Haus am Tisch – um sie herum vier Pflegende, die jeden ihrer Handgriffe aufmerksam folgen. „Da das neue BioNtech-Vakzin in der Handhabung recht aufwendig und komplex ist, bin ich gefragt worden, ob ich hier Schulungen durchführen könnte“, erzählt Expertin Surowiak.
Viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl ist im Umgang mit dem kostbaren Impfstoff notwendig. Kathrin Surowiak erklärt den Pflegenden, dass die etwa zwei Zentimeter hohen Impfstoff-Fläschchen nicht geschüttelt werden dürfen, weil dies den Wirkstoff zerstören könnte. Und um das darin enthaltene Impfstoffkonzentrat zu lösen, werden 1,8 Milliliter Kochsalzlösung mit einer feinen Nadel in die Ampulle gespritzt. Doch die PTA hat nicht nur Mitarbeitende geschult, sondern am 30. Dezember auch die erste im UKE verabreichte Impfdosis aufgezogen. „Ein tolles Gefühl war das! Endlich haben wir etwas in der Hand, um die Pandemie wirksam zu bekämpfen.“
Logistische Herausforderung
Als der sensible m-RNA-Impfstoff das UKE im Dezember erstmals in einem geschützten Transporter erreicht, bedeutet dies für die Krankenhausapotheke auch logistisch eine besondere Herausforderung. „Der Impfstoff kam ohne Kennzeichnung zu uns. Vor seinem Einsatz mussten rasch Klebeetiketten mit Namen, Chargennummer, Zeitstempel und Barcode für die Dokumentation im Impfbuch entwickelt und produziert werden, was die Abteilung für Sterile Herstellung übernahm“, erläutert PTA Surowiak. Schon frühzeitig wurden Ultratiefkühler (bis minus 70 Grad Celsius) für die Lagerung des BioNtech-Impfstoffs in der Apotheke installiert. Diese sind allerdings noch nicht zum Einsatz gekommen, weil der Impfstoff bislang im aufgetauten Zustand von der Behörde geliefert wurde. So ist er bei einer Temperatur zwischen zwei und acht Grad nur bis zu fünf Tage lang haltbar – ein gänzlich anderes und deutlich aufwendigeres Vorgehen als bei den Vektor-Impfstoffen wie etwa dem von AstraZeneca, der nicht tiefgefroren gelagert werden muss. Mit dem Vektorimpfstoff werden die Mitarbeitenden des UKE seit Anfang Februar geimpft.
Unterstützt hat die Krankenhausapotheke in der Pandemie nicht nur bei der Impfung selbst, sondern auch bei diversen Studien rund um das Infektionsgeschehen – zum Beispiel zum Ebola-Medikament Remdesivir, das als Hoffnungsträger auch für die Behandlung von COVID-19 galt und dessen Wirksamkeit aktuell geprüft wird. „Ziel der Studie ist es, herauszufinden, ob und inwiefern das Präparat den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann“, erklärt Apothekerin Eva Waege, die in der Krankenhausapotheke ebenfalls in der Zytostatika-Abteilung tätig ist. Hergestellt wird Remdesivir direkt in den Reinräumen der Apotheke und anschließend an die zum UKE gehörende Tropenmedizinische Station (Bernhard-Nocht-Klinik, BNK) ausgeliefert, wo es Erkrankten intravenös verabreicht wird. Insgesamt mehr als 50 Zentren in Deutschland nehmen an der Studie teil, erste Ergebnisse werden noch in diesem Frühjahr erwartet.
Produktion von Krebsmedikamenten rückläufig
Die vom Bundesgesundheitsministerium befürchteten Arzneimittelengpässe von Medikamenten, insbesondere für die Intensivmedizin, sind in der Krankenhausapotheke im UKE glücklicherweise ausgeblieben. Doch bei den Herstellungszahlen für bestimmte Arzneien hat die Pandemie in der Apotheke deutliche Spuren hinterlassen. So ging die Produktion an Zytostatika für die Krebstherapie im ersten Lockdown um rund ein Viertel zurück. „Manche unterbrachen ihre Therapie aus Angst, sich im Krankenhaus mit dem Corona-Virus zu infizieren“, sagt Waege. Eine Krebspatientin rief sogar direkt in der Apotheke an und fragte, ob sie ihr Zytostatikum nicht einfach abholen könne, um es sich zu Hause selbst zu injizieren. „Das funktioniert natürlich nicht, da die Verabreichung nur unter ärztlicher Aufsicht und in einem sterilen Umfeld erfolgen darf“, erklärt die Apothekerin. Einen weiteren möglichen Grund für die rückläufigen Produktionszahlen an Krebsmedikamenten sieht sie im pandemiebedingten Rückgang der Früherkennungsuntersuchungen. Mittlerweile scheint dieser Trend gestoppt – und auch die Herstellungszahlen für Zytostatika in der Krankenhausapotheke haben sich erholt.
Weniger Pandemie und mehr Normalität – das wünschen sich auch die beiden UKE-Mitarbeiterinnen und hoffen in den kommenden Wochen auf Rückenwind durch die Impfungen. Die Impfbereitschaft in der Belegschaft ist groß, auch Apothekerin Waege hat ihre erste Dosis gerade erhalten. Sie hofft nun, dass das Impftempo im ganzen Land an Fahrt aufnehmen kann, um die Pandemie zu besiegen.