Hygiene in Pandemie-Zeiten: Compliance ist entscheidend
Hygiene ist das A und O in der Klinik, sie schützt Kranke und Beschäftigte vor Infektionen. Die besten Abstands-, Masken- und Desinfektionsregeln nützen aber nur, wenn sie eingehalten werden. „Compliance ist deshalb eines unserer Schwerpunktthemen“, sagt Prof. Dr. Johannes Knobloch, Leiter der Krankenhaushygiene im UKE.
Die Bereitschaft in der Bevölkerung, Regeln oder Empfehlungen hinsichtlich Hygienemaßnahmen zuverlässig umzusetzen und auch bei unbequemen Anordnungen mitzuziehen, spiegelt sich in der COVID-19-Pandemie im Auf oder Ab der Infektionszahlen. Der aktuelle Teillockdown sei beschlossen worden, „weil die Compliance beim Abstandhalten abgenommen hat und insgesamt zu schlecht war“, konstatiert der Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie.
„Das Thema beschäftigt uns auch hier im Haus“, sagt er und stellt sogleich klar: „Das Verhalten gegenüber den Patientinnen und Patienten ist vorbildlich. Aber unter Kolleginnen und Kollegen wird man in der Pause oder bei Feierabend schon mal nachlässiger und rückt zu dicht zusammen.“ Gewöhnung sei ein Risikofaktor für Compliance, auch im Krankenhaus. Als Beispiel nennt Prof. Knobloch die Händedesinfektion, „die man normalerweise am meisten mit Krankenhaushygiene verbindet.“ Die klaren Regeln, wann, wie und wie lange die Hände zu desinfizieren sind , wandeln sich im Bewusstsein mancher Menschen im Laufe der Zeit zur Option – mit der Folge, dass die Einhaltung der Vorgaben nachlassen kann.
Schulungen gehören deshalb zu den Hauptaufgaben der Krankenhaushygiene, denn sie stärken die Bereitschaft zur Regeltreue. Ende August lautete Knoblochs Losung an sein Team: „Wir fangen wieder an wie im Januar, bevor die Pandemie nach Deutschland schwappte.“ Und noch bevor die COVID-19-Fallzahlen im Herbst in die Höhe schnellten, waren in allen Fachbereichen erneut Hygienemaßnahmen wie die korrekte Handhabung von Schutzkleidung breit geschult worden.
Entscheidungen wie diese werden in der Task Force getroffen. Das Gremium tagt zweimal pro Woche online unter Führung des UKE-Vorstands; beteiligt sind neben dem Hygienebereich die Vertreterinnen und Vertreter aller klinischen Zentren, der Infektiologie, Arbeitssicherheit, des Sicherheitsdienstes und der Servicebereiche. Hygienekonzepte und Anpassung von Maßnahmen nach dem jeweiligen Stand der Dinge werden von der Task Force „diskutiert, demokratisch beschlossen und umgesetzt“, erläutert Knobloch.
Wissenschaftlich befasst sich Prof. Knobloch unter anderem mit antimikrobiell wirksamen Oberflächenbeschichtungen, die Schutz vor multiresistenten Bakterien bieten. Ein weiteres Forschungsthema ist die standardisierte Raumdesinfektion: Zu den untersuchten Verfahren gehören ein autonom fahrendes Gerät, das Räume mit UV-Licht von Bakterien befreit, sowie ein Roboter, der diese Aufgabe mit Ozon und auch bei Viren „äußerst wirksam“ leistet. Als Masken zu Beginn der Pandemie Mangelware waren, hatte Knobloch mit einem Hamburger Start-up-Unternehmen ein Gerät entwickelt, das ebenfalls mit UV-Licht Bakterien und Viren abtötet. Der Apparat erinnert an eine Mikrowelle, und wer seine Maske hineinschiebt, erhält sie binnen 2,5 Minuten desinfiziert zurück. Der Prototyp steht in seinem Labor und es wurde damit ausführlich experimentiert. Es ist allerdings bei den Experimenten geblieben, da Masken aktuell wieder gut verfügbar sind.
Der Leiter der Hygieneabteilung, der sich nicht nur in Corona-Zeiten bei sportlichen Wanderungen entspannt und fit hält, muss jetzt vermehrt Teile seiner Arbeit am Bildschirm erledigen. Dass die Besprechungen auch im UKE jetzt vornehmlich online laufen, bedauert er. „Der direkte Kontakt fehlt mir. Man möchte sich doch mal in die Augen schauen.“ Sein Team hat die Büros in einem Gang. „Da der Besprechungsraum für uns zu klein ist, um die Abstandsregeln einzuhalten, sitzen wir donnerstags alle zur gleichen Uhrzeit Tür an Tür vor den Rechnern, um miteinander zu reden.“ Absurd, aber anders gehe es nicht. „Und es wäre schon kurios, wenn sich die Hygieneabteilung nicht an Hygieneregeln hielte.“
Von Hamburger und auch überregionalen Medien wird Prof. Knobloch gern und häufig als Experte befragt – so etwa Mitte November in der ARD-Sportschau, wo er zu Infektionsrisiken im Fußball Rede und Antwort stand. Ursprünglich sollte es um verschiedene Sportarten gehen, aber nachdem mehrere Spieler der TSG Hoffenheim an Corona erkrankt waren und daraufhin das komplette Bundesliga-Team unter Quarantäne gestellt worden war, wurde das Skript kurzfristig geändert. Die Beziehung des Interviewten zum Fußball bleibt indes unverändert, wie er lachend anmerkt: „In meinem ganzen Leben konnte ich Fußball niemals etwas abgewinnen.