Steuermann der Intensivpflege

Die Corona-Pandemie ist eine enorme Herausforderung für die Intensivpflege im UKE. „Die erste Welle hatten wir mit unseren Teams in großartiger Zusammenarbeit gemeistert“, betont Frank Sieberns, Pflegerische Zentrumsleitung der Intensivpflege, „und auch die zweite Welle haben wir aktuell sehr gut im Griff.“

In seinen Träumen kommt Corona nicht vor, sagt Frank Sieberns. Er schläft gut, obwohl das Virus ihn nun seit beinahe einem Jahr auf Trab hält, oft sieben Tage in der Woche, häufig bis in den späten Abend. „Ich bin gewissermaßen im UKE zuhause“, sagt er und lacht. Als pflegerische Leitung des Zentrums für Intensivmedizin und Anästhesiologie und des OP-Funktionsdienstes führt Sieberns rund 800 Gesundheits- und Krankenpflegekräfte.

Noch bevor die erste Infektionswelle über Hamburg und das Umland schwappte, hatte der 57-Jährige mit seinem Führungsteam die erforderliche Personalbeschaffung, Einarbeitung, Weiterbildung, Refresher-Kurse auf den Weg gebracht und eine ausgeklügelte Einsatzplanung entwickelt. Anhand einer Kompetenzmatrix werden seitdem Verfügbarkeit, Lernstand und Erfahrung der Corona-Pflegekräfte erfasst und auf dieser Basis fachlich ausbalancierte Teams gebildet.

Das Team der Intensivpflege verabschiedet externe Unterstützung am Ende der ersten Welle
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Verabschiedung
Das Intensivteam bedankt sich für externe Unterstützung

„Wir waren von Anfang an gut aufgestellt“, sagt er. Und doch war da zunächst eine große Unsicherheit: Was kommt auf uns zu? Wie gefährlich ist das Virus wirklich? Was kann es im Körper anrichten? Man habe Erfahrungen gesammelt und einen gewissen Grad an „eingeübter Normalität“ erreicht. „Die Organisation steht, und wir können sie weiterhin erfolgreich einsetzen.“ Erleichternd komme in der zweiten Welle hinzu, dass das Gros der Intensivpflegekräfte bereits im Frühjahr für die besonderen Herausforderungen hinsichtlich COVID-19 geschult wurde. „Wir arbeiten jetzt durchweg mit sehr erfahrenem Personal.“

Drei der insgesamt zwölf Stationen der Klinik für Intensivmedizin sind als Corona-Intensiveinheit COVID-19-Patientinnen und Patienten vorbehalten. „Im Vergleich zum Frühjahr sehen wir im UKE jetzt mehr jüngere und schwerer erkrankte Patientinnen und Patienten“, berichtet Sieberns. So müssten derzeit mehr Patienten mit dem Lungenersatzverfahren ECMO behandelt werden als bei der ersten Welle. Die Versorgung ist personalintensiv, pro Schicht betreut jede Pflegeperson einen bis zwei Patienten, seit Oktober ist der Bedarf an Intensivpflegekräften wieder gestiegen. „Zum Glück haben wir einen Intensivpflege-Pool mit erfahrenen Mitarbeitenden, die jederzeit auf jeder Intensivstation arbeiten und die Teams vor Ort bei Bedarf unterstützen können.“ Außerdem stocken manche Kolleginnen und Kollegen ihre Teilzeitzeit auf und helfen damit, den Pflegebedarf zu decken.

Schutzkleidung ist bei der Arbeit auf der Intensivstation unbedingt erforderlich
Schutzkleidung erforderlich
Auf der Intensivstation gelten besondere Sicherheitsstandards

Die Versorgung der COVID-Intensivpatienten ist anstrengend und schweißtreibend: Vor jedem Betreten des Krankenzimmers wird Vollschutz angelegt, nach Verlassen abgelegt. Luftholen unter der Maske ist beschwerlich, der Lagerungswechsel von Patienten oft ein Kraftakt. Frank Sieberns kann sich gut in die Situation der Pflegeteams versetzen, der gebürtige Leverkusener arbeitet seit 30 Jahren im Intensivbereich: Nach der Ausbildung zum Krankenpfleger hat er in den Kliniken der Stadt Köln auf der Intensivstation für Schwerstverbrannte gearbeitet, die Fachausbildung absolviert, Führungsaufgaben übernommen. Seit zehn Jahren leitet der 57-Jährige die Intensivpflege im UKE und ist begeistert von der Qualität der Zusammenarbeit im Zentrum, die unter den Belastungen der Pandemie besonders deutlich wird: „Von den Reinigungskräften über die Physiotherapie und Pflegekräfte bis zu den Ärzten: Wir sind perfekt abgestimmt!“

Wie wichtig Abstimmung und Einklang sind, weiß Frank Sieberns auch vom Rudersport, zu dem er vor acht Jahren eher überraschend kam: Er war gebeten worden, bei der Benefizregatta „Rudern gegen Krebs“ einen Kollegen des UKE-Teams zu vertreten – und blieb bei der RG Hansa im Boot. Morgens zieht er oft noch vor der Arbeit seinen Renn-Einer über die Alster, abends trainiert er mit den Teamkollegen im Vierer oder Achter. Im Jahr kommt er auf 1000 Kilometer Strecke, „durch Corona wird es diesmal aber deutlich weniger sein.“

Das Rudern fasziniert ihn. „Man sitzt in einem Boot, und wenn einer nicht mitzieht, dann ist das schlecht fürs Team, genauso wie bei der Arbeit.“ Im UKE ist er der Steuermann der Intensivpflege. „Jeder kann etwas Besonderes, das ein anderer nicht kann. Die Kunst ist, das Team so aufzustellen, dass jede und jeder Einzelne sein Potenzial entfalten kann und das Miteinander optimal funktioniert.“

Text: Ingrid Kupczik, Fotos: Axel Kirchhof, privat (Stand: 14. Dezember 2020)