Angriff aufs Herz
Corona-Virus befällt auch das wichtigste Organ
Corona-Infektionen haben auch aufs Herz große Auswirkungen. Studien aus unterschiedlichen Bereichen des Universitären Herz- und Gefäßzentrums zeigen: SARS-CoV-2 kann Herzzellen infizieren, sich darin vermehren und deren Genaktivität verändern.
Im Rahmen eines Forschungsprojekts des Universitären Herz- und Gefäßzentrums wurden gemeinsam mit dem Institut für Rechtsmedizin 39 verstorbene Herzpatientinnen und -patienten untersucht, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren. Bei 24 Verstorbenen, also bei knapp zwei Drittel der Fälle, ließ sich im Herzgewebe SARS-CoV-2 nachweisen. In 16 Fällen fand sich das Virus in so hohen Mengen, dass dies klinische Auswirkungen hätte gehabt haben können. Bei fünf dieser Patienten wurden Merkmale des Virus-Erbguts identifiziert, die belegen, dass sich das Corona-Virus auch in der betreffenden Zelle vermehrt hat.
Unseren Ergebnissen zufolge treten Herzmuskelentzündungen
im Zusammenhang mit COVID-19 nur sehr selten auf.
Prof. Dr. Dirk Westermann, Stellvertretender Direktor der Klinik für Kardiologie
Aktivität entzündungsfördernder Gene erhöht
Durch die Infektion verändern sich die Herzzellen. Ob dies Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf hat, sei noch nicht hinreichend geklärt, betont Studienleiter Prof. Dr. Dirk Westermann. Sein Forschungsteam hatte sechs entzündungsfördernde Gene genauer untersucht: Deren Aktivität war bei den 16 Verstorbenen mit der größten Viruslast deutlich erhöht. „Daraus hätte man auf eine Herzmuskelentzündung schließen können“, so Prof. Westermann. Jedoch fanden sich keine der typischen Kennzeichen, etwa das Einwandern von Entzündungszellen aus dem umliegenden Gewebe in den Herzmuskel. „Unsere Ergebnisse unterstützen die Beobachtung, dass eine Herzmuskelentzündung im Zusammenhang mit COVID-19 nur sehr selten auftritt.“ Die durch die Infektion hervorgerufene veränderte Genaktivität könnte allerdings Langzeitfolgen für die Betroffenen haben. Um dies zu klären, seien Reihenuntersuchungen an genesenen COVID-19-Patienten notwendig.
An diesem Punkt setzt die Hamburg City Health Study (HCHS) mit bis zu 45 000 Teilnehmenden an. Sie liefert die epidemiologische Grundlage, um die sich entwickelnde SARS-CoV-2-Immunität in einer Metropole zu beobachten. Die Studie soll zudem Aufschluss geben, welche Folgen eine überstandene SARS-CoV-2-Erkrankung kurz- und mittelfristig auf weitere Gesundheitsaspekte hat.
Schlagfrequenz in Herzzellen fällt ab
Wie wirkt sich eine Corona-Infektion auf lebende Herzzellen aus? Um dies zu ergründen, wurden im Institut für Experimentelle Pharmakologie und Toxikologie in Kooperation mit der Uni Frankfurt menschliche, aus Stammzellen gezüchtete Herzmuskelzellen mit dem Erreger infiziert. Der Versuch wurde zudem mit künstlichem Herzgewebe ausgeführt. Die Forschenden beobachteten, dass die Schlagfrequenz in den SARS-CoV-2-infizierten menschlichen Herzmuskelzellen ebenso wie im künstlichen Herzgewebe nach wenigen Tagen deutlich abfiel und die Zellen vermehrt starben. Studienleiter Prof. Dr. Thomas Eschenhagen: „Unsere Versuche zeigen, dass menschliche Herzmuskelzellen den Rezeptor für SARS-CoV-2 besitzen, in der Zellkultur mit dem Virus infiziert werden und dass dies schädigende Wirkungen hat.“ Gleichwohl bedeute dies nicht, dass es im Rahmen von COVID-19 regelhaft zu einer direkten Infektion des Herzens komme.