08.04.2020 AKTUELLES
Aktuelles zur Corona-Pandemie: Fragen an den Transfusionsmediziner
Dr. Sven Peine, Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die Themen Antikörpertest und Antikörpertherapie.
Wie funktioniert ein Antikörpertest?
Menschen, die an COVID-19 erkranken, entwickeln im Krankheitsverlauf nach einigen Tagen bis Wochen Antikörper gegen Merkmale der Erreger. Diese können im Blut mithilfe eines speziellen Antikörpertests nachgewiesen werden. Konkret wird das entnommene Blut im Labor in ein Testgefäß mit Bestandteilen der Viren (Antigenen) gegeben. Sollten Antikörper gegen das neuartige Corona-Virus vorhanden sein, binden sie sich an die Antigene und können mit einem Fluoreszenzmittel sichtbar gemacht werden.
Wie verlässlich sind die Antikörpertests?
Derzeit werden die Antikörpertests noch auf ihre Sensitivität und Spezifität überprüft, da noch unklar ist, ob die Testsysteme spezifisch auf das neuartige Corona-Virus oder auch auf andere Viren der Corona-Familie reagieren. Im UKE werden bereits seit einigen Wochen die ersten Testsysteme validiert und eingesetzt. In den nächsten Wochen sollen die ersten Ergebnisse vorliegen. Diese Ergebnisse werden dabei helfen, die Wertigkeit der künftig erhobenen Befunde durch Antikörpertests zu beurteilen.
Wann und bei wem könnte ein Antikörpertest eingesetzt werden?
Einige validierte Antikörpertests sind bereits im Einsatz und werden in den nächsten Wochen in ihrer Qualität noch verbessert werden. Zunächst werden die Tests dann unter anderem bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen eingesetzt werden. Denn Menschen, die bereits an dem neuartigen Corona-Virus erkrankt waren, sind im Anschluss vermutlich zumindest für eine bestimmte Zeit immun gegen eine weitere Erkrankung. Sie könnten dann wieder ohne größeren Schutz arbeiten gehen. Dies würde das Gesundheitswesen entlasten. Auch zur Aufklärung von Infektionsketten können diese Teste im Einzelfall sinnvoll bei Patientinnen und Patienten eingesetzt werden. Um die gesamte Bevölkerung zu testen, fehlen die Kapazitäten und Ressourcen.
Was untersucht das UKE im Rahmen einer Antikörpertest-Studie bei Blutspenderinnen und Blutspendern?
Die Studie soll einen Überblick über die „stillen“ Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Erreger, also die Infektionen ohne Symptome, und über die „Durchseuchung“ der Hamburger Bevölkerung geben. In einem ersten Schritt werden dafür bis Mitte April zunächst die sogenannten Rückstellproben von 300 Blutspenderinnen und Blutspendern aus dem Jahr 2017 auf das Vorliegen von Antikörpern gegen das neuartige Corona-Virus getestet. Da davon auszugehen ist, dass sich im Jahr 2017 noch kein Blutspender in Hamburg mit dem neuartigen Virus angesteckt hatte, können diese ersten Untersuchungen zur Überprüfung der genutzten Tests dienen. Anhand der Ergebnisse kann dann ein geeigneter Test ausgewählt werden. In einem weiteren Schritt sollen ab Ende April Blutspenderproben auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 untersucht werden.
Darüber hinaus soll diese Fragestellung künftig auch im Rahmen der Hamburg City Health Studie intensiv bearbeitet werden.
Wird der Erreger der COVID-19-Erkrankung auch durch Blut übertragen?
Nach allen derzeit vorliegenden Erkenntnissen wird der neuartige Erreger nicht durch Blutprodukte übertragen. Es handelt sich ja primär um einen Erreger, der die Atemwege infiziert und nicht in die Blutbahn einbricht. Bei wenigen Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation und in weit fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung konnte der Erreger auch aus dem Blut nachgewiesen werden. Diese Personen kommen allerdings unter keinen Umständen im Rahmen einer Blutspende in eine Entnahmeeinrichtung. Als Blutspenderin und Blutspender kommt grundsätzlich nur in Frage, wer in den letzten 4 Wochen keinen fieberhaften Infekt hatte und zur Spende mindestens 7 Tage auch keine diskreten Erkältungszeichen zeigt.
Wieso werden ehemalige COVID-19-Patienten zur Plasmaspende aufgerufen?
Aus dem Blut von Menschen, die eine COVID-19-Infektion überstanden haben, kann Blutplasma gewonnen werden, das Antikörper gegen die durchgemachte Erkrankung enthält. Dieses sogenannte Rekonvaleszenten-Plasma (RKP) kann in klinischen Studien oder in individuellen Heilversuchen zur Behandlung von COVID-19-Patienten eingesetzt werden. So wird überprüft, ob dieses Therapiekonzept auch bei einer COVID-19-Infektion geeignet ist. Grundsätzlich ist die Gabe von Antikörpern von Menschen, die eine Erkrankung durchgemacht haben, um andere Menschen damit gegen eine Erkrankung zu schützen oder die Erkrankung zu behandeln, ein seit Jahrzehnten bekanntes medizinisches Behandlungsprinzip.
Wer kommt für die Blut- und/oder Plasmaspende in Frage und ab wann können Interessierte zur Spende ins UKE kommen?
Grundsätzlich können sich ehemalige COVID-19-Patientinnen und Patienten melden, insofern sie eine mittels Rachenabstrich nachgewiesene Infektion hatten und inzwischen wieder genesen sind. Interessierte können sich schon jetzt beim Blutspendedienst des UKE vormerken lassen: www.blutsgeschwister.net . Anhand eines Online-Fragebogens werden dort bereits wichtige Informationen gesammelt, die helfen, geeignete Blut- und Plasmaspenderinnen und -spender zu identifizieren.
Wie werden die Antikörper aufbereitet und an den Patienten später verabreicht?
Das sogenannte Rekonvaleszenten-Plasma (RKP) wird im Rahmen einer Blutspende oder einer speziellen gezielten Plasmaspende (Plasmapherese) gewonnen und kann dann eingefroren konserviert werden. Das RKP kann als unveränderte Zubereitung einer Patientin oder einem Patienten im Rahmen von klinischen Studien oder einem individuellen Heilversuch verabreicht werden oder für die Herstellung spezifischer Immunglobuline eingesetzt werden. Die Antikörper könnten den Patienten und Patientinnen oder auch besonders gefährdeten Personengruppen verabreicht werden und so, im Sinne einer Impfung, passiv für eine Übergangszeit einen Schutz vor der Erkrankung bieten.
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