04.12.2023 FORSCHUNG
Neues aus der Forschung
HEV: Antikörper bei Haustieren nachgewiesen I Studie zu Immuntherapie bei Keimzelltumoren I Regulatorische T-Zellen können bei Autoimmunerkrankungen der Niere schützen I MS: Resilienzmechanismus von Nervenzellen entdeckt I Multiples Myelom: Studie vergleicht Stammzelltherapien
Hepatitis-E-Virus: Antikörper bei Haustieren nachgewiesen
Bei einzelnen Haustierrassen konnten Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Friedrich-Loeffler-Instituts in Greifswald Antikörper des Hepatitis-E-Virus identifizieren. Die Wissenschaftler:innen untersuchten hierfür die Blutproben von 365 Haustieren, darunter Hunde, Katzen und Pferde. Hunde und Katzen wiesen mit zehn beziehungsweise sechs Prozent häufiger Antikörper auf als Pferde (zwei Prozent). Die Ergebnisse der Studie, an der auch mehrere veterinärmedizinische Einrichtungen beteiligt waren, haben die Forschenden im Fachjournal Scientific Reports veröffentlicht. In den untersuchten Blutproben ließen sich gleichzeitig keine viralen Erbinformationen nachweisen.
„Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass Haustiere aktuell nicht als Reservoirwirte angesehen werden können. Aufgrund ihres engen Kontakts mit Menschen ist eher zu vermuten, dass die Tiere eine gemeinsame Infektionsquelle mit ihren Besitzer:innen haben“, sagt Priv.-Doz. Dr. Sven Pischke, Studienleiter aus der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE. „Risikopatient:innen wie zum Beispiel Transplantierte sollten daher darüber informiert werden, dass Hunde und Katzen – und in geringerem Maße auch Pferde – das Risiko eines Kontakts mit HEV-Viren für Menschen anzeigen und bestimmen können. Ein bisher unterschätztes Risiko als Infektionsquelle für Tiere könnte die immer beliebter werdende BARF-Ernährung, also Biologically Appropriate Raw Food, sein, bei der rohes Fleisch an Hunde und Katzen verfüttert wird.“ HEV-Infektionen werden in Deutschland meist zoonotisch, das heißt vom Tier auf den Menschen, übertragen. Als Hautinfektionsquelle gilt der Verzehr unzureichend gegarten Schweinefleischs. Inwieweit der Kontakt zu Haustieren ein HEV-Infektionsrisiko darstellt, war für Deutschland bislang nicht geklärt.
Literatur: Pischke, Knoop, Mader et al. Anti-HEV seroprevalence and rate of viremia in a German cohort of dogs, cats, and horses. Scientific Reports. 2023. DOI: 10.1038/s41598-023-46009-y
Kontakt für Rückfragen: Priv.-Doz. Dr. Sven Pischke , I. Medizinische Klinik und Poliklinik
Studie zu innovativer Immuntherapie bei Keimzelltumoren
Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) sind an einer Studie zur Untersuchung einer zielgerichteten immunologischen Behandlung bei Keimzelltumoren beteiligt. In der klinischen Studie werden mit der CAR-T-Zell-Immuntherapie und einem mRNA-Impfstoff zwei Therapieverfahren vereint, die gemeinsam das sogenannte Antigen Claudin-6 als Zielstruktur des Tumors angreifen sollen. Bei einer CAR-T-Zell-Therapie werden körpereigene Immunzellen, die T-Lymphozyten, gentechnisch verändert, um mit einem synthetischen Antigenrezeptor (CAR) Zielstrukturen auf Tumorzellen attackieren zu können. Die Ergebnisse der Studie, an der unter Leitung des Universitätsklinikums Erlangen mehrere Einrichtungen in Deutschland und den Niederlanden beteiligt sind, haben die Wissenschaftler:innen im Fachjournal Nature Medicine veröffentlicht.
Die CAR-T-Zell-Immuntherapie ist bereits erfolgreich bei hämatologischen Erkrankungen wie zum Beispiel Lymphdrüsenkrebs etabliert worden. „Bei soliden Tumoren, die sich an oder in Organen bilden, befindet sich die klinische Prüfung dieses Verfahrens noch in einer frühen Phase. Geeignete Zielstrukturen für die Therapie sind bisher bei nur bei sehr wenigen Tumorarten entdeckt worden“, sagt Dr. Winfried Alsdorf, II. Medizinische Klinik und Poliklinik des UKE. „Die CAR-T-Zell-Immuntherapie gegen Claudin-6 zeigte in ersten Studiendaten ermutigende Anzeichen für eine klinische Effektivität insbesondere bei Patient:innen mit intensiv vorbehandelten Keimzelltumoren, für die es bislang keinerlei etablierte Behandlungsoptionen gibt. Zudem ist der innovative Ansatz einer CAR-T-Zell-Immuntherapie in Kombination mit einer mRNA-Impfung in der laufenden Studie erstmalig klinisch in der Onkologie eingesetzt worden und erscheint überaus vielversprechend“, sagt Dr. Alsdorf.
Literatur: Mackensen, Haanen, Koenecke, Alsdorf et al. CLDN6-specific CAR-T cells plus amplifying RNA vaccine in relapsed or refractory solid tumors: the phase 1 BNT211-01 trial. Nature Medicine. 2023. DOI: 10.1038/s41591-023-02612-0
Kontakt für Rückfragen: Dr. Winfried Alsdorf ; Prof. Dr. Carsten Bokemeyer , II. Medizinische Klinik und Poliklinik
Schutzwirkung regulatorischer T-Zellen bei Autoimmunerkrankungen der Niere nachgewiesen
Den Einfluss bestimmter regulatorischer T-Zellen bei der Kontrolle von Nierenentzündungen haben Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) in einer Studie untersucht. Regulatorische T-Zellen unterdrücken die Aktivierung und regulieren die Selbsttoleranz des Immunsystems, was Autoimmunerkrankungen entgegenwirkt. In der vorliegenden Studie überprüften die Wissenschaftler:innen, ob Zellen des sogenannten T-regulatorischen Typs 1 (Tr1) insbesondere das Voranschreiten der halbmondbildenden Glomerulonephritis (GN) eindämmen können. Hierbei handelt es sich um die schwerste Autoimmunerkrankung der Niere, die zum dauerhaften Versagen der Nierenfunktion führen kann. Die Forschenden konnten im Labor Tr1-Zellen mithilfe einer Einzelzell-RNA-Sequenzierung bei Vorliegen einer Glomerulonephritis identifizieren und deren Schutzwirkung in einem experimentellen Model belegen. Auch konnte das Vorkommen von Tr1-Zellen in den Nieren von Patient:innen mit Glomerulonephritis nachgewiesen werden.
„Als T-Zell-Therapie werden Tr1-Zellen derzeit bereits bei der Behandlung mehrerer Entzündungserkrankungen getestet. Unsere Studie liefert nun die Basis für eine Tr1-zellbasierte Therapie bei Glomerulonephritis“, sagt Prof. Dr. Samuel Huber, Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE. Ihre Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler:innen im Fachmagazin „The Journal of Immunology“ veröffentlicht. Die Studie wurde im Rahmen des DFG-geförderten Sonderforschungsbereichs „Immunvermittelte glomeruläre Erkrankungen - Grundlegende Konzepte und klinische Konsequenzen“ durchgeführt.
Literatur: Soukou-Wargalla, Kilian, Velasquez et al. Tr1 Cells Emerge and Suppress Effector Th17 Cells in Glomerulonephritis. The Journal of Immunology. 2023. DOI: 10.4049/jimmunol.2300305
Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Samuel Huber , I. Medizinische Klinik und Poliklinik; Prof. Dr. Christian F. Krebs , III. Medizinische Klinik und Poliklinik
Resilienzmechanismus von Nervenzellen bei Multipler Sklerose entdeckt
Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben Resilienzmechanismen von Nervenzellen untersucht, um Behandlungsansätze gegen den fortschreitenden Funktionsverlust der Zellen bei Multipler Sklerose (MS) zu entwickeln. Eine Entzündung des zentralen Nervensystems führt zum Untergang von Nervenzellen (Neurodegeneration), was mit vielfältigen neurologischen Symptomen bei MS einhergehen kann. Ob und wie Nervenzellen sich selbst gegen solche Entzündungen schützen können, war bislang weitestgehend unbekannt. Die Forschenden untersuchten hierzu die Rolle von sogenannten MikroRNAs (miRNAs) in entzündeten Nervenzellen. miRNAs sind kleine RNA-Moleküle, die die Bildung von Genprodukten wie beispielsweise Proteinen regulieren. „Durch eine systematisch experimentelle sowie bioinformatische Aufarbeitung des nervenzellspezifischen miRNA-Netzwerks haben wir eine neue regulatorische Achse, die sogenannte miR-92a-CPEB3-Achse, beschreiben können, die gestresste Nervenzellen vor Schäden schützen kann“, erklärt die Erstautorin der Studie Dr. Iris Winkler vom Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose (INIMS) des UKE.
In weiteren Versuchen veränderten die UKE-Wissenschaftler:innen gezielt die Aktivität dieser neuroprotektiven Achse, wodurch das Überleben der Nervenzellen erhöht wurde und die klinischen Symptome im Modell entscheidend reduziert werden konnten. „Diese Entdeckung könnte helfen, neue Behandlungsmöglichkeiten der Nervenzellschädigung bei der MS zu entwickeln. Eine erhöhte Resilienz der Nervenzellen könnte dem neuronalen Untergang von Anfang an entgegenwirken“, ergänzt Prof. Dr. Manuel Friese, Studienleiter und Direktor des INIMS. Ihre Studienergebnisse haben die Forschenden im Fachjournal Science Advances veröffentlicht. Beteiligt an der Studie waren neben dem UKE das Institut für Biomedizinische Forschung in Taipeh, die Universitäten Göttingen und Genf, das Leibniz Institut für Neurobiologie in Magdeburg sowie das Fraunhofer Institut für Translationale Medizin und Pharmakologie ITMP.
Literatur: Winkler, Engler, Vieira et al. MicroRNA-92a-CPEB3 axis protects neurons against inflammatory neurodegeneration. Science Advances. 2023. DOI: 10.1126/sciadv.adi6855
Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Manuel A. Friese , Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose
Multiples Myelom: Studie vergleicht Stammzelltherapien
In einer bundesweiten Studie unter Leitung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben Wissenschaftler:innen die Transplantation von körpereigenen und körperfremden Blutstammzellen bei Patient:innen mit einem Multiplen Myelom hinsichtlich ihrer langfristigen Wirksamkeit miteinander verglichen. Das Multiple Myelom gehört zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen des Blut- und Lymphsystems. Bei 77 Prozent der Patient:innen mit neudiagnostiziertem Multiplen Myelom, die eine körpereigene (autologe) Stammzelltransplantation erhielten, wurde nach acht Jahren ein Rückfall oder ein Voranschreiten der Erkrankung festgestellt. Bei den Patient:innen, die körperfremde (allogene) Stammzellen erhalten hatten, waren es lediglich 44 Prozent; die Rückfälle konzentrierten sich in dieser Gruppe zudem auf die ersten fünf Jahre des Beobachtungszeitraums. Insgesamt lag die Überlebensrate der Patient:innen nach acht Jahren in beiden Gruppen bei 66 Prozent. Ihre Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler:innen im Fachjournal Haematologica veröffentlicht.
„Die geringere Rückfallquote und vor allem das Ausbleiben von Rückfällen fünf Jahre nach Behandlungsbeginn unterstreichen das potentiell kurative Potential der allogenen Stammzelltransplantation beim Multiplen Myelom. Gleichwohl ist auch die körpereigene Stammzellspende eine sehr gut geeignete Behandlungsmethode, die vielen Patient:innen langfristig das Überleben sichert und eine bessere Lebensqualität ermöglicht“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Nicolaus Kröger, Direktor der Interdisziplinären Klinik und Poliklinik für Stammzelltransplantation des UKE.
Literatur: Kröger, Wulf, Hegenbart et al. Autologous-allogeneic versus autologous tandem stem cell transplantation and maintenance therapy with thalidomide for multiple myeloma patients less than 60 years of age: a prospective phase II study. Haematologica. 2023. DOI: 10.3324/haematol.2023.282920
Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Nicolaus Kröger , Interdisziplinäre Klinik und Poliklinik für Stammzelltransplantation
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