Die Einstellung von Arzt und Patient zur Notwendigkeit von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
Zusammenfassung
Eine Praxisstudie in Berlin 1997 (Abholz) hatte ergeben, daß bei Selbstbeurteilung durch den Arzt ein wesentlicher Teil seiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) als "fraglich berechtigt" angesehen wurde. Die später anonym befragten Patienten, die eine AU erhalten hatten, stuften im Wesentlichen das AU-Verhalten des Arztes als adäquat ein. Äußerten sie sich diskrepant, so schätzten sie den Arzt eher als zu streng ein. Die Aussagekraft bei Untersuchung nur einer Praxis ist begrenzt. Deswegen, und um Variationen zwischen verschiedenen Ärzten zu erfassen, wurde die Studie 1998 auf 6 Hamburger und 2 Düsseldorfer Arztpraxen erweitert.
Methoden: In jeder Praxis werden 100 konsekutiv folgende AUs vom Arzt nach der Ausstellung hinsichtlich ihrer Notwendigkeit bewertet. Dies geschieht durch eine Zuordnung zu 5 Kategorien von "ich auch" bis "explizit aus anderen Gründen". Alle Patienten werden 3 Wochen später mittels eines standardisierten Fragebogens postalisch nach ihrer Einschätzung bezüglich der Notwendigkeit der betreffenden AU, sowie bezüglich des Umgangs des Arztes mit und Gründen für Krankschreibungen generell befragt.
Ergebnisse: Die Hälfte der Krankschreibungen wurde von den Hausärzten als gerechtfertigt eingestuft, in weiteren 18 Prozent hätte die Hausärzte sich in dieser Situation auch selbst krankgeschrieben. Das verbleibende gute Drittel verteilt sich auf die restlichen drei Kategorien, die man unter der Überschrift "wahrscheinlich nicht medizinisch notwendig" zusammenfassen könnte. Die einzelnen Ärzte unterschieden sich hinsichtlich der Einschätzung deutlich voneinander: so stufte ein Arzt nur 2 Prozent in der Kategorie "ich auch" ein, ein anderer 40 Prozent, ähnlich diskrepant urteilten die Ärzte in jeder Kategorie. Besonders auffällig waren auch die Unterschiede in der Einschätzung als "aggravierend": drei Ärzte schätzten keinen ihrer Patienten so ein, ein Arzt 15 Prozent. Die Patienten sind insgesamt sehr zufrieden mit dem Umgang des Arztes mit Krankschreibungen, nur sehr wenige äußern sich kritisch.
Für weitere Informationen und Ergebnisse s.a.:
-Dunkelberg S, Abholz HH et al (1999)
Die Einstellung von Arzt und Patient zur Notwendigkeit von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.
Z Allg Med 75: 497-502
Förderer: Eigenmittel
Partner:
- Abteilung Allgemeinmedizin Düsseldorf (Prof. Abholz)
- 8 allgemeinmedizinischen Praxen in Hamburg (H. Ehlen, R. Hauck B. Martius, I. Müller, G. Staffa, H.D. Timmann) und Düsseldorf. (B. Hemming, U. Schwantes)
Kontakt: sekretariat-ifa