Forschung - AG "Tumorforschung"


Das Plattenepithelkarzinom des Mund- und Rachenraumes ist der häufigste bösartige Tumor im Kopf-Halsbereich und steht daher auch im Fokus der onkologischen Forschung der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.
Anhand verschiedener Tumorforschungsstudien werden sowohl die Früherkennung als auch die Behandlung von Tumorerkrankungen innovativ erforscht.

BOT - Benfovir

Benfo-Oxythiamin (B-OT) ist ein Prodrug von Oxythiamin, welches das Transketolase-Enzym (TKT-TKTL1) und damit den Glukosemetabolismus, spezifisch Ribose-5-Phosphat, inhibiert. Dies hemmt somit Zellteilung und -wachstum durch Inhibition der DNA-Synthese. Ein modulierter Zellmetabolismus (anaerobe Glykolyse) ist beispielsweise bei Krebserkrankungen erkennbar, weswegen BOT eine neuartige Behandlungsmethode bei der Krebstherapie darstellt, vor allem als individueller Heilversuch in palliativen Situationen.

Im Rahmen der Studie wird BOT initial in verschiedenen Konzentrationen an Gingiva-Fibroblasten mit Hinblick auf seine Toxizität und die Zellviabilität getestet. Weitere Untersuchungen werden sich diesen ersten Analysen im Verlauf anschließen.

Liquid Biopsy HNSCC

Die AG „Tumorforschung“ hat ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördertes Projekt „Alternativmethoden zum Tierversuch – LiqBio HNSCC – Probennahme und biologische Charakterisierung des Liquid Biopsie Verfahrens zur Verlaufskontrolle bei Kopf-Hals-Karzinomen“ (16KN077230) für das Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf bewilligt bekommen.

Im Rahmen dieser monozentrischen, prospektiven Studie wird ein Liquid Biopsy Verfahrens zur Verlaufskontrolle bei Kopf-Hals-Karzinomen entwickelt. Ziel ist es tumorspezifische Mutationsmuster zu identifizieren und mit klinischen Daten zu korrelieren. Dies soll vor allem in Hinblick auf die Tumorklassifikation, die Überlebenszeit und das Ereignis-freie Überleben, das Ansprechen der Patienten auf ausgewählte Therapien und das Auftreten von Rezidiven und Zweittumoren analysiert werden. Da Mundhöhlenkarzinome ständig in Kontakt mit Speichel sind, ist ein Liquid Biopsy Verfahren auch für Speichel besonders erfolgsversprechend, weswegen in dieser Studie Genmutationen nicht nur im Blut und im Tumorgewebe untersucht werden, sondern auch im Speichel der Patienten.

Mittels hochsensitiver molekularbiologischer Sequenziertechniken wie digital PCR (dPCR) und Next Generation Sequencing (NGS) werden somit genetische Alterationen von zellfreier, zirkulierender Tumor DNA (ct-DNA), die im Blut und Speichel von HNSCC-Patienten in kleinsten Mengen vorhanden sind, ermittelt. Hierbei werden Nachweisgrenzen von Tumor-DNA für beide Analysemethoden verglichen um zu erkennen, ob ein Nachweis therapierelevanter genetischer Veränderungen in soliden Tumoren ebenso zuverlässig aus Tumor DNA im Blut und Speichel wie aus Gewebeproben möglich ist.

Des Weiteren werden epigenetische DNA-Methylierungsmuster von gesunden und an anderen Tumorarten erkrankten Probanden verglichen und im Anschluss mit den klinischen Daten der Patienten verglichen und korreliert, da diese mit der Krebsentstehung assoziiert sind und daher als Marker genutzt werden können. Da die häufigsten Mutationen im HNSCC auch in vielen anderen Tumorarten vorkommen, sollen die Mutationsmuster auch gegen andere Tumore getestet und verglichen werden.

Biobank und Biomarker

Aussagekräftige Biomarker könnten zur individuellen tumorspezifischen Entscheidung von Therapien beitragen und eine Kontrolle des Therapieerfolges ermöglichen. Die wichtigste Voraussetzung für die Biomarkerforschung ist eine sogenannte Biobank. Darunter versteht man ein Archiv mit Tumorgewebe, Blut, Speichel und anderen Gewebeproben, die mit umfangreichen klinischen Daten verbunden sind. Basierend auf einer solchen Biobank konnte in einer Studie bereits eine signifikante Korrelation von zirkulierender, zellfreier Tumor DNA im Speichel des Patienten mit Mutationen im Tumorgewebe gezeigt werden. Laufende Studien untersuchen weitere Biomarker. Vor allem genetische Veränderungen werden im Zusammenhang mit klinischen Verläufen und durchgeführten Therapien betrachtet.

Eine besonders wertvolle Ressource unserer KIinik ist ein Tissue-microarray (TMA) aus aktuell über 200 Proben von oralen Plattenepithelkarzinomen, die mit umfassenden klinischen Daten, u.a. zu Tumoreigenschaften und Gesamtüberleben der Patienten über einen Zeitraum von über 10 Jahren hinterlegt sind. Dieser TMA wird kontinuierlich erweitert. Der Vorteil eines solchen Arrays ist es, bestimmte genetische Veränderungen mit einer Untersuchung in allen diesen Tumorproben erfassen zu können. Mit Hilfe dieser Untersuchungsmethode konnten wir Gene und Genregionen identifizieren, die in unserem Gesamtkollektiv häufig Änderungen zeigten. Solche Änderungen können als Biomarker zum Verständnis der Krankheitsentstehung beitragen und wichtige Information für die Therapie liefern.

Optimierung der Behandlung

Unsere umfangreichen und gut dokumentierten klinischen Daten ermöglichen retrospektive Auswertungsstudien, die wertvolle Information zur Verbesserung der Behandlung der Tumorpatienten liefern. Beispielweise konnte eine unserer neuesten Studien zeigen, dass die sofortige Kieferrekonstruktion in der gleichen Sitzung mit der Tumorentfernung das Risiko eines lokalen Tumorrezidivs nicht erhöht. Konventionell wird nach einer Tumoroperation die Wunde zuerst geschlossen und die Rekonstruktion des Kiefers erfolgt erst später in einer zweiten Operation. Das bringt aber eine deutlich höhere Belastung für den Patienten mit sich und ist darüber hinaus mit höheren Kosten verbunden. Ergebnisse unserer Studie eröffnen eine neue Perspektive für eine verbesserte Behandlung.

Methode zur Medikamententestung

Tumormedikamente (Zytostatika) wirken auch auf gesunde Zellen toxisch. Daher ist die Wirkung eines Medikamentes auf gesunde Zellen auch ein wichtiger Aspekt, der untersucht werden soll. Eine Labortestung wäre wünschenswert, um im Vorfeld abschätzen zu können, welche Medikamentendosis für den jeweiligen Patienten die effektivste für die Behandlung unter gleichzeitiger Schonung der gesunden Zellen ist.
Dafür entwickeln wir eine innovative Methode, um Tumorzellen und gesunde Zellen gleichzeitig und spezifisch in einer Probe zu quantifizieren. Die Basis hierfür stellt eine quantitative Bestimmung von genetischen Veränderungen dar, die Tumoren verursachen und folglich auch nur in den Tumorzellen vorhanden sind. Unsere Prozedur soll dazu dienen, bei der Entwicklung eines Tumormedikamentes nicht nur die Wirksamkeit, sondern auch dessen Spezifität im Labor testen zu können. Des Weiteren soll diese Methode eine Medikamententestung an Primärkulturen ermöglichen, die sowohl Tumorzellen als auch gesunde Zellen enthalten. Durch eine individuelle Medikamententestung könnte sich eine neue Perspektive in der personalisierten Behandlung eröffnen. Eine Pilotstudie zeigte bereits die Machbarkeit dieses Verfahrens.

Zellen aus einem plexiformem Neurofibrom:
a), c) tumoröse Schwann-Zellen; b), c) Fibroblasten; c) S100-positive (grün) Schwann-Zellen; d) CD-90 positive Fibroblasten (rot); c), d) Nuclei angefärbt mit DAPI (blau).