„Das Bewusstsein der Endlichkeit, das geht nicht wieder weg“
Als bei Alexander Hold Prostatakrebs festgestellt wird, ist der ehemalige TV-Richter und heutige bayerische Landespolitiker 61 Jahre alt. Sein behandelnder Urologe empfiehlt für die Operation die Martini-Klinik des UKE.
Um seine Gesundheit habe er sich nie besondere Sorgen gemacht, erzählt Alexander Hold. Gelassen sitzt er an einem Tisch in einem Patientenzimmer der Martini-Klinik. Auch in schwierigen Situationen, sagt er, sei er nicht einfach aus der Fassung zu bringen. Mit der Gerichtsshow „Richter Alexander Hold“ wurde der frühere Richter einem breiten Publikum bekannt. Einschließlich der Folgeserie „Im Namen der Gerechtigkeit“ wurden fast 2 500 Folgen gedreht. Als Vizepräsident des bayerischen Landtags hat er einen Alltag mit vielen Terminen und Verpflichtungen.
Auch der unklare Befund einer Vorsorgeuntersuchung, wegen dem sein Urologe im Verlauf des Jahres 2023 auf weitere Untersuchungen der Prostata drängt, bereitet ihm zunächst kein Kopfzerbrechen. Bis sein Urologe ihn einige Monate später noch mal anruft und ihm langsam klar wird, dass die Erkrankung ernst sein könnte. Die Diagnose, die schließlich nach einer Biopsie gestellt wird – ein Prostatakarzinom in eher ungünstiger Lage –, kommt vollkommen überraschend für ihn, wie auch die schwierigen Gedanken, die ihm plötzlich durch den Kopf gehen. „Irgendwie die Krankheit der alten Männer“, habe er zuvor gedacht. Doch nun stellen sich auch ihm Fragen nach der eigenen Endlichkeit.
Die Wartezeit, die Befürchtung, dass sich der Befund noch verschlimmern könnte, belasteten ihn am meisten während der Wochen vor der geplanten Operation. Doch die Vorgespräche mit seinem behandelnden Arzt Prof. Dr. Alexander Haese in der Martini-Klinik des UKE geben ihm neue Hoffnung.
„Das hilft mir schon weiter, einfach zu wissen: Die machen das jeden Tag. Die wissen, was sie tun“, sagt Alexander Hold. „Für einen persönlich ist es ja ein einschneidendes und herausragendes Ereignis, aber man ist nicht allein.“ Auch die Informationen, Erklär-Videos zu den Operationsmethoden wie auch die Lebensmut-Geschichten auf der Webseite der Klinik hätten dazu beigetragen, seine Ängste zu nehmen. Im Frühjahr 2024 wird das Prostatakarzinom bei ihm entfernt. Dabei ist er einer der ersten Patienten, bei denen die Operation mittels des neuartigen „da Vinci Single-Port“ genannten Systems durchgeführt wird.
Bei Alexander Hold konnte mit diesem Verfahren die Prostata schonend aber dank des Schnellschnittes ebenso vollständig entfernt werden, dass der Patient außer regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen inzwischen keine Folgen der Operation mehr in seinem Alltag bemerkt. „Mir kam eben auch zugute, dass ich nur diesen einzelnen Schnitt hatte, was die Heilung vereinfacht“, so Hold. Das einzige, was ihn in der Zeit nach der Operation unvorbereitet trifft, ist die geringe Belastbarkeit. „Es hat sehr lange gedauert, bis die wieder halbwegs hergestellt war“, erinnert er sich. „Ich hatte über Monate Erschöpfungszustände, brauchte viel mehr Schlaf, musste mich mittags hinlegen.“ Nun, ein knappes Jahr später, seien glücklicherweise keinerlei körperliche Folgen der Operation mehr spürbar – die OP konnte nerverhaltend durchgeführt werden und auch mit einer Inkontinenzproblematik hat er nicht zu kämpfen.
„Ich hatte aber auch im Vorfeld was dafür getan“, betont er, „habe tatsächlich die Wartezeit ab dem Moment, wo ich die Diagnose hatte, vorsorglich für Beckenbodentraining genutzt. Und ich glaube, dass das extrem hilfreich war.“
Seine Ehefrau Pia (54), die ihren Mann während der Zeit der Erkrankung eng begleitete, erlebte, wie sie sagt, am OP-Tag ihres Mannes die „Migräne ihres Lebens“. Sehr erleichternd für sie: der Anruf des Operateurs direkt aus dem OP-Saal, in dem dieser ihr berichtete und versicherte, dass der Eingriff erfolgreich verlaufen war. Während des Klinikaufenthalts ihres Mannes mietete sich Pia Hold ein Zimmer in Hamburg und stand ihrem Mann täglich zur Seite. „Ich bin wahnsinnig froh, dass wir hier in der Martini-Klinik gelandet sind, es war eine heimelige, wohlige Atmosphäre, ich glaube, das ist genau das, was du brauchst, wenn du gesund werden musst“, so Pia Hold. Ihr Mann zeigt sich auch von der Pflegesituation in der Klinik begeistert: „Alle nehmen sich wahnsinnig viel Zeit für einen“, so Alexander Hold.
Nach dem Klinikaufenthalt erholte sich das Paar gemeinsam an der Ostsee. Der Support durch nahestehende Personen sei „das absolut Entscheidende – wie der Partner, die Ehefrau, damit umgeht.“ Auch wenn sich seine Überzeugungen ansonsten nicht verändert hätten, seien Offenheit und Ehrlichkeit, auch in Bezug auf eigene Erkrankungen, noch wichtiger als zuvor. „Ein Prostatakarzinom ist nichts Schmuddeliges oder Ehrenrühriges, nur weil es sich unter der Gürtellinie befindet.“ Seine Botschaft: „Geht rechtzeitig zur Vorsorge – und macht kein Geheimnis aus eurer Erkrankung!“ Das habe auch etwas mit Vertrauen zu tun: „Also wenn es bei jemandem heißt, ‚eine schwere Krankheit‘, dann traut man sich mit dem anderen gar nicht mehr zu reden, weil man denkt, ‚vielleicht spreche ich jetzt was an, was ihm unangenehm ist‘. Ich kann doch viel besser damit umgehen, wenn ich weiß, was dem anderen fehlt.“
Das Ehepaar Hold genießt es, dass wieder Alltag eingekehrt ist. Der Stress soll nun gegenüber vor der Erkrankung ein wenig gedrosselt werden: „Ich freue mich schon darauf, mir öfter mal kleine Auszeit-Inseln zu nehmen. Das ist so eine Lehre, die man aus so einer Krankheit, aus einem Warnschuss dann schon zieht – um länger zu frühstücken oder einen halben Tag zum Skifahren zu gehen“, sagt Alexander Hold. Fürs Skilaufen, winkt er ab, stelle eine Prostataoperation wirklich keinerlei Hindernis dar, „da ist eine Schulterverletzung viel schlimmer. Oder ein Beinbruch!“
Alexander und Pia Hold sprechen über die Diagnose, die Ängste, die Operation und wie es danach weiterging. Wir sprachen mit den beiden in Einzelinterviews.