„So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben“
Auswandern und in einem neuen Land Fuß fassen – beruflich wie auch privat. Diesen mutigen Schritt haben Mariana de Rocha Sousa und Roberto Weslei da Silva Moura gewagt. Im Februar 2024 kam das Paar aus Brasilien nach Hamburg. Am UKE absolvierten sie die Anpassungsqualifizierung Pflege (APQ) und arbeiten nun als anerkannte Pflegefachpersonen.
Nach Deutschland auszuwandern und sich hier ein neues Leben aufzubauen, war eigentlich nicht der Plan von Mariana Sousa und Weslei Moura. In der brasilianischen Millionenmetropole São Paulo arbeiteten sie bereits mehrere Jahre als Pflegefachpersonen in einer großen städtischen Klinik. „Wir sind über das Internet darauf aufmerksam geworden, dass es in Deutschland Programme für internationale Pflegekräfte gibt. Uns war sofort klar: So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben“, so die 30-jährige, die in der Onkologie arbeitet. Über eine Agentur haben sie weitere Infos erhalten, sich über Städte und Kliniken in Deutschland informiert. „Hamburg und das UKE haben uns überzeugt. Eigentlich hatte ich zunächst eine Zusage für eine andere Klinik, doch ich wollte mit meiner Frau nach Hamburg. Das UKE war zum Glück flexibel und wir konnten hier gemeinsam in die APQ starten“, ergänzt Weslei, 29.
Die Anpassungsqualifizierung Pflege (APQ) ist ein achtmonatiges Programm, das es ausländischen Fachkräften ermöglicht, ihre Ausbildung oder ihr Studium in Deutschland anerkennen zu lassen. An drei Tagen pro Woche findet der theoretische Unterricht in der Akademie für Bildung und Karriere (ABK) des UKE statt, ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Sprachvermittlung. Die übrigen zwei Tage verbringen die Internationals im praktischen Einsatz im UKE: Die meisten Teilnehmenden werden direkt auf den Stationen eingearbeitet, auf denen sie nach Abschluss der APQ auch langfristig bleiben möchten. Während dieser Zeit werden sie von einer Praxisanleiterin begleitet und können sich so mit den Arbeitsabläufen, dem Arbeitsumfeld und den Pflegestandards vertraut machen. „Wir empfanden die APQ als sehr gut strukturiert und organisiert. Das Programm hat uns einen guten Start im UKE ermöglicht“, erinnert sich Weslei, der als Pflegefachmann in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie arbeitet.
Die APQ gibt es am UKE bereits seit 2017. „Wir waren damals eine der ersten Kliniken, die so ein Programm auf die Beine gestellt hat“, sagt Joachim Prölß, Personal- und Pflegevorstand des UKE. Seitdem sind über 300 neue Fachkräfte unter anderem von den Philippinen, aus Indien, der Türkei, dem Iran, aber auch aus Brasilien, Mexiko oder Kolumbien ins UKE gekommen. „Ohne unsere internationalen Kolleg:innen wäre die Versorgung unserer Patient:innen auf dem Niveau, wie wir es leisten, nicht möglich. Sie sind ein unverzichtbarer Bestandteil und bringen außerdem mehr kulturelle Vielfalt ans UKE.“ Entscheiden sich die Internationals für die APQ und ein Leben in Deutschland, bekommen sie bereits in ihren Heimatländern Deutschunterricht. „Wir sind mit den Teilnehmenden schon lange vor deren Einreise in Kontakt, unterstützen bei Fragen zum Aufenthalt oder der Wohnungssuche“, ergänzt Prölß. In Hamburg angekommen und nach dem erfolgreichen Abschluss der Anpassungsqualifizierung, werden die Teilnehmer:innen wie alle anderen Kolleg:innen der Pflege auch anlehnend an den UKE-Tarifvertrag vergütet.
Mariana ist auf der Station C4B im Einsatz. Hier werden Patient:innen mit Tumorerkrankungen behandelt. Für ihre Stationsleitung Christiane Brozat ist Mariana eine Bereicherung: „Für die Arbeit mit schwererkrankten Patient:innen braucht es vor allem zwei Dinge: Fachwissen und Empathie. Mariana bringt von beidem eine große Portion mit.“ Auf ihrer Station arbeiten Kolleg:innen aus über zehn Nationen. Für Mariana hat die Arbeit in der Onkologie auch noch eine große persönliche Bedeutung: Ihre Schwester starb mit nur 21 Jahren an einer Tumorerkrankung – als bereits feststand, dass Mariana und Weslei nach Hamburg gehen. Ein Kapitel, das ihre gesamte Familie stark prägt: „Mit meiner Arbeit habe ich das Gefühl, im Namen meiner Schwester etwas zurückgeben zu können.“
Halt finden die beiden in ihrer Kirchengemeinschaft, die sich in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung in Norderstedt befindet. „Das ist ein Teil unserer Routine aus Brasilien, die wir hier in Deutschland fortsetzen können. Hier gibt es auch eine brasilianische Gemeinschaft, da wird das Heimweh nicht so groß“, so Weslei. Trotzdem kommt manchmal etwas Wehmut auf, etwa beim Videoanruf mit der Familie, „und natürlich vermissen wir auch das sonnige Wetter und das Essen“, schmunzelt Weslei. Im Winter haben die beiden das erste Mal Schnee gesehen – „das war echt eine tolle Erfahrung und nun wissen wir auch, was das Zwiebelprinzip für die richtige Kleidung bedeutet“, lacht Mariana.