Das erste Zuhause
Fünf Kreißsäle, sechs Vorwehen- und Untersuchungsräume, 32 Betten für Wöchnerinnen, sechs Familienzimmer, 27 Betten für Frühgeborene und 15 Beatmungsplätze: Das Universitäre Perinatalzentrum Hamburg des UKE zählt mit seiner Ausstattung zu den wenigen Zentren der höchsten Versorgungsstufe in der Region. Hebammen und Ärzt:innen wie Isa Hanke und Katrin Menéndez stehen den Familien bei der Geburt zur Seite.
Drei abstrakt in einer Linie gezeichnete Figuren wenden sich einem Baby zu und lassen vielfältige Deutungen zu: Mutter, Vater, Kind und Arzt – Mutter, Mutter, Kind und Hebamme – Hebamme, Arzt, Kind und Psychologin? Das neue Erscheinungsbild des Perinatalzentrums auf allen Informationsmaterialien on- wie offline nimmt bewusst keine Zuschreibungen vor. Wirken soll allein der Anspruch des Zentrums: Wer hierherkommt, möge sich aufgehoben fühlen – wie in einem richtigen Zuhause.
„Das genau ist das Schöne an meiner Arbeit“, findet Lisa Hanke, „wenngleich nicht jede Geburt komplikationslos ist und es manchmal komplexer Medizin und innovativer Technik bedarf, so haben wir es doch immer mit einem schönen Ereignis zu tun. Wir dürfen dabei unterstützen, wie Familien zusammenwachsen.“ Seit vier Jahren ist die 26-Jährige gelernte Hebamme, seit einem Jahr im UKE. Im Drei-Schicht-System arbeitet sie sowohl im Kreißsaal als auch auf der Station 4F. Sie betreut hier kompliziertere Schwangerschaften und Familien, die nach der Geburt die erste Zeit zurückgezogen mit dem Nachwuchs in Familienzimmern verbringen können.
So wie zum Beispiel Familie Puck. Vor einigen Monaten bekamen Mutter Nadja und Vater Tobias ihr erstes Kind, Tochter Téa. „Trotz kleinerer Komplikationen wurde mein Wunsch nach einer spontanen Geburt berücksichtigt“, berichtet Nadja Puck, „nach der Geburt hatten wir viel Zeit, uns allein zu beschnuppern. Und wegen der freundlichen Menschen, dem Familienzimmer und dem leckeren Essen fühlte sich unser Aufenthalt gar nicht wie in einem Klinikum an.“
Entspannte Erlebnisse wie diese sind nicht zuletzt dem großen Einsatz der Teams zu verdanken. Katrin Menéndez arbeitet seit Mai 2020 als Fachärztin in der Geburtshilfe: „Obwohl ich bereits einige Geburten begleitet habe, verliert das Phänomen Geburt nicht an Faszination. Auch die Betreuung von Risikoschwangerschaften macht mir Freude, ist es doch hier besonders wichtig, den Patientinnen ein sicheres Gefühl und die entsprechende engmaschige Betreuung zukommen zu lassen.“
Kollegin Lisa Hanke weiß: „Das Wichtigste ist, auf die Frau zu hören, Fragen zu beantworten, sie bestmöglich zu beraten – sie aber nicht zu etwas zu überreden, was sie nicht möchte.“ Zeit und Vertrauen zu schenken, sei der Schlüssel einer guten Geburtshilfe.
In der Regel betreut eine Hebamme in einer Schicht eine Frau unter der Geburt und eine Frau, bei der die Geburt gerade eingeleitet wird. Corona habe ihren Beruf komplizierter und einsamer für alle Beteiligten gemacht: Nicht infizierte Frauen dürfen erst unter der Geburt einen Angehörigen dazu holen. Sind Frauen in Quarantäne oder positiv auf das Virus gestestet worden, muss Hanke die Betreuung der Frau ohne Partner:in im Vollschutz durchführen. „Es finden weniger Berührungen statt, die Mimik ist den Gesichtern schwieriger abzulesen. Obwohl ich selbst Respekt vor Corona habe, habe ich mir immer wieder vor Augen geführt, dass jedes Geburtserleben dennoch einzigartig bleibt und sich in die jeweilige Biografie der Frau einschreibt.“
Bei allem Bemühen kann der Faktor Zeit bei der Geburtshilfe trotzdem zum Engpass werden. Wenn bei mehr Frauen unvorhergesehen die Wehen einsetzen oder die Blase springt. Oder Einleitungen ungeplant schneller verlaufen. „Ob Hebammen, Pflege, Ärzt:innen, Anästhesie oder OP-Pflege – alle sollten an einem Strang ziehen“, betont Ärztin Menéndez. Genauso wie bei Téas Geburt: Die Hebammen haben nie Hektik verbreitet, uns immer das Gefühl gegeben, ganz oben auf ihrem Zettel zu stehen, erinnert sich Nadja Puck. Auch das ist typisch für ein Zuhause: zusammenzustehen, sich gut abzusprechen, für einander einzuspringen. Und vor allem: Ruhe zu bewahren, selbst wenn es stressig wird.
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