Der Testfall: Über 2000 Proben täglich
Corona-Tests sind eine unverzichtbare Maßnahme im Kampf gegen die Pandemie, um Infektionen so früh wie möglich nachzuweisen und die Virusverbreitung zu bremsen. Am UKE werden in großer Zahl Tests bei Beschäftigten, Patientinnen und Patienten durchgeführt – und intensiv beforscht: Auf welche Tests ist Verlass? Wie hilfreich sind Schnelltests wirklich, und welche Vorteile bietet die Testung nach dem Gurgeln?
Im Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene surren die Maschinen. In den vollautomatischen Analysegeräten werden PCR-Testproben von UKE-Beschäftigten und Patienten untersucht. Das englische Kürzel PCR steht übersetzt für Polymerasekettenreaktion. Mit diesem Verfahren, bei dem Erbmaterial des Virus in der Probe identifiziert und dann in mehreren Zyklen vermehrt wird, lässt sich eine SARS-CoV-2-Infektion nachweisen. „Die Analyse braucht einige Stunden. Von allen Tests liefert die PCR aber die verlässlichste Aussage darüber, ob jemand aktuell infiziert ist oder nicht“, sagt Dr. Marc Lütgehetmann, Oberarzt im Bereich molekulare Diagnostik aus dem Team von Institutsleiter Prof. Dr. Martin Aepfelbacher.
Seit Beginn der Pandemie hat Lütgehetmann einen „extremen Anstieg der täglichen Anzahl von Testproben“ erlebt. „Anfangs hatten wir es mit einer Handvoll PCRs zu tun, mittlerweile sind wir bei über 2000 Proben pro Tag, mehr als je zuvor.“ Der Grund für das hohe Aufkommen: Im UKE werden nicht nur alle Patientinnen und Patienten, die stationär aufgenommen werden, auf Corona getestet, sondern regelmäßig auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Patientenkontakt.
Einmal pro Woche wird getestet, bei manchen Beschäftigten sogar zweimal, wenn sie in Hochrisikobereichen wie den COVID-19-Intensivstationen oder in Abteilungen mit besonders gefährdeten Patienten wie etwa der Transplantations- oder Krebsmedizin tätig sind. Wer akute Leitsymptome einer COVID-19-Erkrankung wie Fieber, Husten, Atemnot, Durchfall oder Verlust des Geruchs- oder Geschmackssinns verspürt, hat den Arbeitsplatz sofort zu verlassen und muss sich einem PCR-Test unterziehen. Zur Probenentnahme wird ein Abstrichtupfer recht tief in den Nasen-Rachenraum geführt, weil dort die Viruskonzentration besonders hoch ist. Der Tupfer muss mehrfach gedreht werden und zehn Sekunden in der Tiefe des Rachens verbleiben, damit er sich mit dem Virusmaterial vollsaugt. „Das ist schon unangenehm“, berichtet der Forscher aus Erfahrung.
So funktioniert der Gurgeltest
Für die häufige Testung von symptomfreien UKE-Beschäftigten gibt es deshalb seit Kurzem die Gurgellösung: 30 Sekunden wird kräftig mit Wasser gegurgelt, dabei lösen sich Zellen von der Rachenschleimhaut. Die Gurgelflüssigkeit wird in ein Probengefäß gegeben und im Labor mittels PCR auf eine SARS-Cov-2-Infektion untersucht. Durch die Verdünnung erhält man zwar weniger Virenmaterial als mit dem Tupfer, die Gurgellösung ist dennoch zuverlässig, wie Lütgehetmann und Kollegen in einer vergleichenden Laborstudie ermittelten.
Und so der Antigen-Schnelltest
Bei symptomatischen Patientinnen und Patienten und bei allen Personen aus einem Pflegeheim, die in die Zentrale Notaufnahme (ZNA) kommen, wird über den PCR-Test hinaus ein Antigen-Schnelltest durchgeführt. Dieser funktioniert verblüffend einfach, ähnlich wie ein Schwangerschaftstest, und kann vor Ort durchgeführt werden: in der Arztpraxis, im Alten- und Pflegeheim, am Flughafen – und eben in der ZNA. Dafür wird ebenfalls ein Abstrich im Nasen-Rachenraum genommen, die Probe in ein spezielles Lösungsmittel getaucht und die Flüssigkeit auf einem Testfeld aufgetragen. Schon nach etwa 15 Minuten lässt sich Ergebnis ablesen.
„Diese Tests sind toll und tückisch zugleich“, sagt Lütgehetmann. „Sie liefern einen ersten Hinweis auf eine akute Infektion, sind aber deutlich weniger zuverlässig als die PCR.“ Das bestätigt eine aktuelle Studie aus der Zentralen Notaufnahme des UKE, bei der bis Mitte Januar vier Wochen lang die Schnelltests von knapp 1200 Patienten ausgewertet wurden. Es stellte sich heraus, dass der Schnelltest bei asymptomatischen Patientinnen und Patienten nur eine geringe Zuverlässigkeit hat und auch bei symptomatischen Patienten eine Reihe falsch positiver Ergebnisse (das Gerät schlägt an, obwohl keine Infektion vorliegt), aber auch falsch negativer Befunde (Patient ist infiziert, das Gerät zeigt dies aber nicht an) lieferte.
Der Experte ist überdies skeptisch, was den aktuell in den Medien diskutierten Laien-Einsatz von Schnelltests angeht. „Ein Test ist immer ein Gesamtkonzept, bei dem die Handhabung eine wesentliche Rolle spielt. Wenn der Nasen-Rachenabstrich nicht korrekt durchgeführt und eine Infektion nicht erkannt wird, kann dies verheerende Folgen haben.“ Ohnehin sei es eine Herausforderung, sich selbst einen Tupfer derart tief in den Rachen zu schieben. „Damit haben auch Mediziner ihre Probleme.“
Darüber hinaus gibt es noch ein weiteres Testverfahren: der Antikörpertest, der anzeigt, ob eine Person bereits eine Infektion überstanden und ihr Immunsystem Antikörper gegen den Krankheitserreger (Antigen) gebildet hat. Dieser Test erfolgt mittels Blutprobe und wird seit Pandemiebeginn regelhaft bei einem Teil der Blutspenden im Institut für Transfusionsmedizin durchgeführt.
Nach Feierabend
Wenn der 45-Jährige nach den Arbeitstagen nach Hause fährt, geraten Tests und Studien zur Nebensache. In dem ehemaligen Schulhaus, das er mit seiner Frau und den drei Kindern bewohnt, geht es um Themen wie die Langeweile ohne Freunde, die Schließung des Kindergartens oder den Frust über die Server-Probleme beim Home Schooling. Entspannung findet er an den Wochenenden beim gemeinsamen Kochen, dem „Siedler von Catan“-Spiel mit der Familie – und bei der Versorgung der recht speziellen Haustiere: den vier Eseln, die hinter dem Haus auf der Weide stehen.