Immer bereit für den Ernstfall
Wer im Notfall schnell das Richtige tut, kann Leben retten. Damit in kritischen Situationen alles sitzt, werden Handlungsabläufe im Lehr- und Simulationszentrum (SIM) des UKE regelmäßig trainiert. In der Corona-Pandemie wurden zudem Spezialtrainings entwickelt, um medizinisches Personal optimal auf die Notversorgung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten vorzubereiten.
Wenn in 10 000 Metern plötzlich ein Triebwerk ausfällt und das Flugzeug an Höhe verliert, müssen die Piloten die Nerven behalten. Szenarien wie diese haben sie zuvor zigfach im Simulator trainiert. Selbst, wenn ihr Puls jetzt beschleunigt, bleiben sie in der Lage, ihr Wissen abzurufen und alle notwendigen Schritte zur Rettung von Maschine und Passagieren einzuleiten.
Was in der Luftfahrt seit Jahrzehnten praktiziert wird, ist auf anderer Ebene auch im UKE längst Realität. „In unserem Simulationszentrum oder auch direkt auf Station trainieren wir medizinisches Personal, in Krisensituationen schnell, sicher und effektiv die richtigen Maßnahmen einzuleiten, indem wir bestimmte Arbeitsszenarien zum Beispiel aus der Intensiv- oder Notfallmedizin nachstellen“, erklärt Dr. Malte Issleib aus der Klinik für Anästhesiologie des UKE. Es gehe darum, bestimmte Handlungsabläufe einzustudieren und so zu verinnerlichen, dass sie auch in zeitkritischen und lebensbedrohlichen Situationen quasi „blind“ abgerufen werden können.
Training für den Ernstfall gibt es im UKE in verschiedenen sensiblen Bereichen. Im Schockraum der Notaufnahme beispielsweise, in dem die Erstversorgung von Patientinnen und Patienten mit lebensgefährdenden Verletzungen und Erkrankungen stattfindet. Oder auch im OP, wo Strategien zur Bewältigung komplizierter Zwischenfälle regelmäßig im Team eingeübt werden. Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit 2016 verpflichtend ist das Team-Notfall-Training (TNT) – ein von pflegerischem und ärztlichem Personal angebotenes Reanimationstraining, das alle zwei Jahre wiederholt werden muss und neue Kolleginnen und Kollegen bereits im Rahmen ihrer Einführungstage im UKE absolvieren. „Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand entscheiden die ersten Minuten darüber, welche Chance die Patienten haben, wieder vollständig gesund zu werden. Deshalb sollte möglichst jeder im UKE in der Lage sein, eine Herzlungenwiederbelebung durchzuführen“, meint Dr. Issleib, der seit 2016 als Reanimationsbeauftragter des UKE die Qualität des Trainings und der Reanimation im Blick hat.
Neue Trainingskonzepte
Corona stellt die Medizin vor neue Herausforderungen – so auch die Notfallversorgung von COVID-19-Patienten. Die Frage: Wie kann man Menschen mit hoher Viruslast im Ernstfall sicher und rasch helfen und sich selbst dabei schützen? „Im SIM-Zentrum haben wir ein Spezialtraining entwickelt, das die einzelnen Arbeitsschritte unter COVID-Bedingungen genau definiert“, erklärt Dr. Issleib. Im so genannten Corona-TNT lernen die Teilnehmenden unter anderem, wie sie die Atemwege im Fall einer Reanimation so sichern, dass möglichst wenig Aerosole austreten können. Auch das Arbeiten mit Schutzanzug und -brille oder die Herzdruckmassage werden an Simulationspuppen eingeübt. Viele Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte aus der Anästhesie und Intensivmedizin nahmen bislang an den Spezialtrainings teil. Das SIM-Zentrum unterstützt außerdem die Klinik für Intensivmedizinbei Schulungen für ehemalige Intensivpflegerinnen und -pfleger sowie ärztliches Personal, um technisches Basiswissen zum Beispiel in der Handhabung von Beatmungsgeräten aufzufrischen, um sie in Hochphasen der Pandemie wieder im Intensivbereich einsetzen zu können.
Krisentraining im Notbetrieb
Abseits der Spezialtrainings finden im SIM-Zentrum seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 allerdings kaum noch Trainingseinheiten in Präsenz statt. Geschult wird derzeit lediglich mit E-Learning-Programmen und Reanimationsfilmen. „Unser E-Learning-Angebot zum TNT ist zum Glück wirklich sehr lehrreich und toll produziert, aber es ist natürlich etwas ganz anderes, als in der Gruppe einen realen Fall mit einer Simulationspuppe durchzuspielen. So können wir Gelerntes zumindest wachhalten“, meint der Notfallmediziner. Dennoch hofft er, die verschiedenen Notfalltrainings mithilfe entsprechender Sicherheitskonzepte so bald wie möglich wieder aufnehmen zu können, damit im Fall der Fälle weiterhin jeder auf Anhieb weiß, was zu tun ist, um Leben zu retten.