Schnelle Analyse
Kaum eine Krebserkrankung gleicht der anderen: Um Kinder mit einer schwer zu behandelnden Form der Akuten Lymphatischen Leukämie (ALL) schneller helfen zu können, setzen UKE-Mediziner auf ein modernes Verfahren zur Genomanalyse.
Die sogenannte Hochdurchsatzsequenzierung soll helfen, den Verlauf der Erkrankung abzuschätzen und die Wahl der für den Patienten besten Therapie zu erleichtern. Mit einem Verfahren zur schnellen und gezielten Genomanalyse sollen diejenigen Leukämiepatienten identifiziert werden, die eine Hochrisikoleukämie haben. Sie sprechen besonders schlecht auf die etablierten Therapien an und haben ein hohes Risiko für Rückfälle. Für die Entstehung und den schlechten Verlauf dieser Leukämieformen sind häufig Mutationen und Translokationen verantwortlich, die entstehen, wenn Chromosomen beschädigt und falsch repariert werden. „Diese chromosomalen Veränderungen können zu einer fehlgesteuerten Aktivierung wichtiger Signal- oder Rezeptorproteine führen“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Gabriele Escherich von der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie. „Wenn wir das gestörte Protein kennen, können wir Kindern mit ALL möglicherweise eine zusätzliche gezielte Behandlung mit Kinase-Hemmstoffen anbieten.“
Viele Gene: hoher Diagnosebedarf
Die wissenschaftliche Herausforderung besteht in der Vielzahl der chromosomalen Veränderungen, die bislang bei Hochrisikoformen der ALL gefunden wurden. „Von unterschiedlichen Studiengruppen wurden inzwischen mehr als zehn Kinase- oder Zytokin-Rezeptor-Gene sowie eine Vielzahl von Fusionspartnergenen identifiziert, die prinzipiell alle mit Kinase-Hemmstoffen behandelt werden könnten“, sagt die Ärztin. „Aufgrund der Vielzahl der möglichen Kombinationen dieser Gene ist aber eine möglichst umfassende und dennoch rasche Technik notwendig, um gestörte Proteine identifizieren und Patienten gezielt behandeln zu können.“
Mithilfe der zur neuesten Generation der DNA-Analyseverfahren – dem sogenannten Next Generation Sequencing (NGS) – gehörenden Hochdurchsatzsequenzierung könnte dieses Vorhaben gelingen. Unter der Leitung von Dr. Udo zur Stadt, Zentrum für Diagnostik, wurde daher am UKE eine entsprechende molekularbiologische Analyseplattform entwickelt. Im Rahmen einer bundesweiten Therapiestudie („CoALL“), die Gabriele Escherich gemeinsam mit Prof. Dr. Martin Horstmann vom Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg durchführt, werden nun Behandlungsempfehlungen erstellt, die für alle Patienten der CoALL-Studie gelten.
Therapie gezielt steuern
Die schnelle und gezielte Genomanalyse bietet aber noch weitere Vorteile, sagt die UKE-Ärztin: „Die genaue Analyse der genomischen Bruchpunkte der Chromosomen erlaubt es uns zudem, diesen Bruchpunkt als Marker für den Nachweis minimaler Resterkrankungen zu verwenden.“ Krebszellen, die sich nach einer eigentlich erfolgreichen Therapie noch vereinzelt im Knochenmark „verstecken“, können anhand der gefundenen Chromosomenmerkmale identifiziert werden. „So können wir das Ansprechen der Therapie sehr viel genauer verfolgen und die einzelnen Behandlungsmaßnahmen gezielter einsetzen.“
Text: Arnd Petry
Foto: Felizitas Tomrlin