26.09.2022        FORSCHUNG

Neues aus der Forschung

Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) veröffentlichen neueste Erkenntnisse aus klinischer und Grundlagenforschung. Hier einige Hinweise auf aktuelle Publikationen, Studien und andere Forschungsprojekte.

UKE-Studie zu Long-COVID: Eigenes Krankheitsbild oder Vorbelastung?

In einer Vergleichsstudie haben Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) herausgefunden, dass subjektiv empfundene neurokognitive Beschwerden wie eine schlechtere Konzentrationsleistung nach einer COVID-19-Erkrankung häufig nicht mit einer objektiv erhobenen Testleistung übereinstimmen. Vielmehr lagen diese subjektiv empfundenen Beschwerden häufig schon vor einer COVID-19-Erkrankung vor. Dabei weisen die Forschenden auf die Limitationen ihrer Studie hin, da die COVID-19-Erkrankung der Teilnehmenden selbstberichtet war und auch nur eine kleine Subgruppe überhaupt von einer solchen Erkrankung berichtete. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden im Fachmagazin Psychiatry Research veröffentlicht.

Für die Studie haben die Wissenschafler:innen eine Stichprobe aus der Allgemeinbevölkerung in Bezug auf Gedächtnis- und Konzentrationsleistung untersucht und diese Ergebnisse mit bereits 2015 – also vor der Corona-Pandemie – erhobenen Daten zur neurokognitiven Leistungsfähigkeit in Zusammenhang mit Lebensstilvariablen derselben Teilnehmenden verglichen.

„Unsere Studie soll zur Diskussion anregen. Neurokognitive Beschwerden werden subjektiv häufig überschätzt. Zugleich erhält Long-COVID als ein neues Krankheitsbild eine große mediale Aufmerksamkeit, wodurch Betroffenen auf eigene Symptome mehr achten und diese verstärkt oder provoziert werden können. Daher ist eine gut differenzierte Diagnostik wichtig, um möglicherweise vorstehende emotionale Probleme oder solche, die sich aus der Krankheitsverarbeitung ergeben könnten, nicht zu übersehen“, sagt Erstautorin Anna Baumeister aus der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE.

Literatur: Baumeister et al. Long-COVID or long before? Neurocognitive deficits in people with COVID-19. Psychiatry Research. 2022.

DOI: https://doi.org/10.1016/j.psychres.2022.114822

Kontakt für Rückfragen: Anna Baumeister ( a.baumeister@uke.de ), Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Besiedlung des Gallengangs mit Bakterien könnte Fortschreiten der Primär Sklerosierenden Cholangitis fördern

Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Tel Aviv Sourasky Medical Centers haben untersucht, welchen Einfluss die Besiedelung der Gallengänge mit Bakterien und Pilzen auf das Voranschreiten der Primär Sklerosierenden Cholangitis (PSC) hat. Sie konnten erstmals zeigen, dass der kulturelle Nachweis bestimmter Bakteriengruppen, wie Enterokokken, mit einer schlechteren Prognose der Erkrankung assoziiert ist. Die PSC ist eine seltene und schwerwiegend verlaufende Gallengangserkrankung, die häufig zur Leberzirrhose, Lebertransplantation oder der Entwicklung von Gallengangskrebs führt. Die Ergebnisse der Studie, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen der Klinischen Forschungsgruppe 306 (Primär Sklerosierende Cholangitis) unterstützt wurde, haben die Forschenden im Fachmagazin Clinical Gastroenterology and Hepatology veröffentlicht. „Diese neuen Erkenntnisse könnten zu Therapiestrategien führen, die gezielt die Mikroorganismen der Gallengänge beeinflussen und damit zu einer Verlangsamung des Voranschreitens der Erkrankung PSC beitragen könnten“, erklärt Letztautor Prof. Dr Christoph Schramm aus der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE.

Literatur: Zigmond, Schramm et al. Bile duct colonization with Enterococcus sp. associates with disease progression in Primary Sclerosing Cholangitis. Clinical Gastroenterology and Hepatology. 2022.

DOI: https://doi.org/10.1016/j.cgh.2022.09.006

Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Christoph Schramm , I. Medizinische Klinik und Poliklinik

UKE-Forschende veröffentlichen Übersichtsarbeit zu Invadosomen

Forschende aus dem Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben im Fachjournal Nature Reviews Molecular Cell Biology eine umfassende Übersichtsarbeit über sogenannte Invadosomen veröffentlicht. In der Publikation haben die Wissenschaftler:innen um Prof. Dr. Stefan Linder molekulare Mechanismen zur Entstehung von Invadosomen erläutert, die Rolle von Invadosomen in gesunden und kranken Organismen beleuchtet sowie aktuelle Entwicklungen im Forschungsfeld herausgestellt. Der Artikel entstand in Zusammenarbeit mit dem Albert Einstein College of Medicine (New York, USA).

Invadosomen sind spezielle Zellstrukturen, die die invasive Zellwanderung unterstützen. Sie bestehen aus hunderten von verschiedenen Proteinen und bilden hoch regulierte Plattformen für die lokale Abgabe von Enzymen in das extrazelluläre Gewebe. Dies ermöglicht den gezielten Abbau von Hindernissen im Gewebe und fördert das Fortkommen von wandernden Zellen. Invadosomen stellen somit Schlüsselstrukturen der Zellinvasion dar. Denn viele Körperzellen sind ständig in Bewegung. Im gesunden Organismus geschieht dies während der Entwicklung und des Wachstums oder im Rahmen der Immunabwehr. Invasive Zellwanderung findet aber auch während der metastatischen Streuung von Krebszellen statt. In beiden Fällen spielen Invadosomen eine entscheidende Rolle.

Literatur: Linder et al. Mechanisms and roles of podosomes and invadopodia, Nature Reviews Molecular Cell Biology. 2022.

Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Stefan Linder , Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene

DOI: https://doi.org/10.1038/s41580-022-00530-6

Studienabschluss: Telemedizin hilft bei Versorgung von trans Menschen im ländlichen Raum

Forschende des Instituts für Sexualforschung und Sexualmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben im Rahmen einer vom Innovationsfonds der Bundesregierung geförderten Studie herausgefunden: Die telemedizinische Versorgung ist ein unverzichtbares Mittel, um trans Personen in unterversorgten Regionen zu erreichen. Die Studienteilnehmenden sind psychisch mehr entlastet, weniger ängstlich und haben eine höhere Lebensqualität als Personen, die noch auf eine Versorgung warten. Die Wartezeit auf medizinische Versorgung und psychosoziale Beratung wirkt sich negativ auf das körperliche und psychische Wohlbefinden der Teilnehmenden aus.

Die Spezialambulanz für Sexuelle Gesundheit und Transgender-Versorgung des Instituts für Sexualforschung und Sexualmedizin hatte im Mai 2020 ihr medizinisches Versorgungsangebot in Norddeutschland ausgebaut und die Internetplattform i²TransHealth im Rahmen der Studie an den Start gebracht. Ziel war es, trans Menschen besser zu versorgen und deren psychische Belastung zu verringern. An der Studie haben 174 trans Personen im Alter von 18 bis 60 Jahren, unterschiedlicher Geschlechteridentitäten und mit unterschiedlichem Bildungsstand teilgenommen. i²TransHealth hat sowohl ländliche Gebiete als auch mittelgroße städtische Gebiete erreicht.

„E-Health kann die Gesundheitsversorgung von trans Personen nachhaltig zum Besseren verändern“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Timo Nieder, Leiter der Spezialambulanz für Sexuelle Gesundheit und Transgender-Versorgung des Instituts für Sexualforschung und Sexualmedizin des UKE.

Kontakt für Rückfragen: Priv.-Doz. Dr. Timo Nieder ( t.nieder@uke.de ), Institut für Sexualforschung und Sexualmedizin

Umfrage: Dolmetscher:innen im Gemeinwesen psychisch belastet

Knapp ein Drittel der im Gemeinwesen tätigen Dolmetscher:innen fühlt sich durch die Arbeit psychosozial belastet. Das ist das Ergebnis einer Studie von Wissenschafler:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) in Kooperation mit Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände (BAGFW). Von mehr als 700 für die Studie befragten Dolmetscher:innen gaben 27 Prozent auffällige arbeitsbezogene Belastungswerte an. Zu den Gründen zählen demnach unter anderem eine hohe Verantwortung, starke Konzentration beim Dolmetschen und belastende Gesprächsinhalte.

Um diesen Belastungen entgegenzuwirken und Menschen, die in diesem Bereich tätig sind, zu stärken, haben die Forschenden die Qualifizierung „Dolmetschen im Gemeinwesen“ entwickelt, in der zum Beispiel Dolmetschtechniken, Berufsethik, rechtliche, psychosoziale und ökonomische Rahmenbedingungen sowie relevante Aspekte der unterschiedlichen Einsatzbereiche Gesundheit, Soziales, Behörden und Bildung unterrichtet werden. Abgeschlossen wird die Qualifizierung mit einer externen praktischen Fachprüfung. Die Qualifizierung ist ein Bestandteil der „ ZwischenSprachen “ Initiative zur Professionalisierung von Sprachmittler:innen im Gesundheits- und Gemeinwesen.

Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Mike Mösko , Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie

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