13.02.2023        AUSZEICHNUNG

Verleihung des Dr. Martini-Preises 2023 für bedeutende medizinische Forschungsleistungen

Heute, am 13. Februar, wurde der älteste Medizinpreis Deutschlands durch Katharina Fegebank, Wissenschaftssenatorin und Zweite Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg, und Prof. Dr. Ansgar W. Lohse, Vorsitzender des Kuratoriums der Dr. Martini-Stiftung und Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE, an fünf Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) verliehen.

Der erste Preis wurde gleich zweimal vergeben: Er geht zum einen an Dr. Anne Mühlig und ihre Doktorandin Johanna Steingröver aus der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin für ihre Forschungen zu einem neuen Verständnis und Behandlungsoptionen von schweren kindlichen Nierenerkrankungen. Zum anderen wurde der Preis an Dr. Anastasios Giannou aus der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik und Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie sowie Dr. Jan Kempski, I. Medizinische Klinik und Poliklinik, für ihren Nachweis verliehen, dass das menschliche Immunsystem ein Treiber bei der Metastasierung einer Krebserkrankung ist. Den zweiten Preis erhielt Dr. Michael Bockmayr, Klinik und Poliklinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, für seine innovativen Untersuchungen zur Risikoeinschätzung von Rückenmarkstumoren durch molekularbiologische und bioinformatische Verfahren.

„Seit 140 Jahren verleihen wir hier am Wissenschaftsstandort Hamburg den Dr. Erich Martini-Preis – das ist wirklich bemerkenswert. Ich freue mich sehr, dass wir in diesem Jahr fünf herausragende Nachwuchswissenschaftler:innen des UKE auszeichnen. Wenn wir die Zukunft der Medizin mitgestalten wollen, müssen wir unseren medizinischen Nachwuchs gezielt fördern. In diesem Jahr sind es Arbeiten im Bereich der schweren kindlichen Nierenerkrankungen sowie in der Krebsforschung, die die jungen Wissenschaftler:innen vorangetrieben haben. Dank der Spitzenforschung am UKE lernen wir jeden Tag mehr über Krankheiten und mögliche Therapien, die unser aller Leben nachhaltig verbessern. Ich gratuliere allen Preisträger:innen herzlich zu dieser bedeutenden Auszeichnung!“, sagt Katharina Fegebank, Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke und Zweite Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg.

„Sie alle haben mit Ihrem exzellenten Forschungsgeist und Ihrem Engagement dazu beigetragen, neue Lösungsansätze für hochkomplexe medizinische Fragestellungen zu liefern. Dazu gratuliere ich Ihnen herzlich im Namen der Stiftung. Gleichzeitig danke ich der Spenderin Eva-Maria Greve für die großzügige Unterstützung“, sagt Prof. Dr. Ansgar W. Lohse, Vorsitzender des Kuratoriums der Dr. Martini-Stiftung und Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE.

Erster Preis für neuen Therapieansatz einer schweren kindlichen Nierenstörung

Dr. Anne Mühlig und ihr Team konnten nachweisen, dass das Hauptsymptom des nephrotischen Syndroms bei Kindern und Jugendlichen, das mit erhöhtem Eiweißverlust über die Niere (Proteinurie) einhergeht, durch die medikamentöse Therapie mit einer bestimmten Medikamentenklasse, den Calcimimetika, deutlich verbessert werden kann. In ihrer Studie beschäftigen sich die Wissenschaftlerinnen mit Podozyten, speziellen Nierenzellen, die für den Aufbau und die Funktion der Blut-Harn-Schranke der Niere verantwortlich sind. Die Wissenschaftlerinnen konnten zeigen, dass der calciumsensitive Rezeptor (CaSR) an der Regulation dieser Nierenzellen (dem podozytären Aktinzytoskeletts) beteiligt und maßgeblich für deren Funktionalität und Struktur verantwortlich ist. Daraus folgend entwickelten sie einen Therapieansatz, der die Standardtherapie der Proteinurie mit hochdosierten Glukokortikoiden künftig grundlegend verändern und so die damit verbundenen Nebenwirkungen erheblich reduzieren könnte.

Erster Preis für Arbeit zur Rolle des Immunsystems bei Metastasierung von Darmkrebs

Dr. Anastasios Giannou und Dr. Jan Kempski fanden heraus, dass der Botenstoff Interleukin-22 (IL-22) eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Darmkrebs und der Metastasenbildung spielt. Il-22 verursacht den Übergang der Tumorzellen über Gefäßwände in ferne Absiedlungsorte, vor allem in die Leber. Dient die Produktion von IL-22 im Immunsystem ursprünglich der Infektabwehr des Körpers, fördert der Botenstoff bei Krebszellen allerdings auch deren Verbreitung im Körper (Metastasierung). Diese neue Erkenntnis ist insbesondere für die Nachsorge nach Entfernung eines Primärtumors mit einem hohen Risiko für die Bildung von Metastasen wichtig. Für sie könnten künftig Immuntherapien IL-22-blockierende Antikörper von entscheidendem Vorteil sein, was aber noch in klinischen Studien getestet werden muss.

Zweiter Preis für Risikoeinschätzung von Rückenmarkstumoren durch bioinformatische Verfahren

Myxopapilläre Ependymome (MPE) sind seltene Tumoren des Rückenmarks, welche in allen Altersgruppen auftreten. Sie wurden bisher als eher gutartig angesehen, aber insbesondere bei jüngeren Betroffenen treten häufiger auch Rezidive auf. Dr. Michael Bockmayr konnte mithilfe von molekularbiologischen und bioinformatischen Verfahren die Tumoren in zwei wesentliche Subtypen – MPE-A und MPE-B – unterteilen. Dabei stellte er fest, dass bei 85 Prozent der Patient:innen mit MPE-A-Tumoren innerhalb von zehn Jahren ein Rezidiv auftrat, während dies nur bei 33 Prozent der Pateint:innen mit MPE-B-Tumoren der Fall war. Dies ermöglicht erstmals eine solide Einstufung, bei wem ein erhöhtes Rezidivrisiko zu befürchten ist und deshalb eine entsprechende Nachsorge erfolgen sollte. Die Ergebnisse legen auch nahe, dass für bestimmte Tumoren eine begleitende Bestrahlung oder Chemotherapie sinnvoll sein könnte.

Seit 140 Jahren sorgt die Dr. Martini-Stiftung für die Förderung von medizinischem Nachwuchs

Die Dr. Martini-Stiftung wurde 1880 von Freunden und Kollegen des im gleichen Jahr verstorbenen Chirurgen Dr. Erich Martini ins Leben gerufen. Der Dr. Martini-Preis – Deutschlands ältester Medizinpreis – ist von der Hamburgischen Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur Helmut und Hannelore Greve mit 10.000 Euro dotiert.

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