02.05.2024        FORSCHUNG

Neues aus der Forschung

Mit Expertise und Empathie: ChatGPT kann bei Patient:inneninformation unterstützen

Künstliche Intelligenz hat das Potential, Ärzt:innen im Zuge der Patient:inneninformation zu entlasten und so zu einer verbesserten Gesundheitsversorgung beizutragen. Dies ist das Ergebnis der sogenannten ChatSLE-Studie von Forschenden des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und der Philipps-Universität Marburg. Die Wissenschaftler:innen verglichen am Beispiel der rheumatischen Erkrankung Systemische Lupus Erythematodes (SLE) Patient:inneninformationen von Fachexpert:innen mit Informationen zur Erkrankung, die über den Chatbot ChatGPT generiert wurden: „Bei der verblindeten Evaluation erreichten die KI-generierten Antworten höhere Qualitätswerte als die der Rheumatolog:innen“, sagt Studienleiterin Dr. Isabell Haase, III. Medizinische Klinik und Poliklinik des UKE. Die Forschenden attestierten den Antworten von ChatGPT zudem einen hohen Empathiegehalt, der dem Wert der Expert:innen-Statements entspricht. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden im Fachjournal The Lancet Rheumatology veröffentlicht.

Für die Erkrankung SLE hat der Verband Lupus Europe eine Website initiiert, die in 14 Sprachen Expert:innen-Antworten auf die 100 häufigsten Patient:innenfragen zum Thema gibt, wie beispielsweise zur Behandlung der Erkrankung. Diesen Fragenkatalog haben die Forschenden für die ChatSLE-Studie übernommen. Sie ließen die Fragen vom Sprachmodell GPT-4 beantworten, um anschließend die Antworten mit denen der Rheuma-Expert:innen von Lupus Europe zu vergleichen. „Dabei muss man berücksichtigen, dass die Evaluation in der ChatSLE-Studie durch Ärzt:innen erfolgt und die Forschung prinzipiell auf eine Beurteilung durch Patient:innen auszuweiten ist“, sagt Dr. Martin Krusche, III. Medizinische Klinik und Poliklinik des UKE und Co-Autor der Studie. „Ein Rückgriff auf detaillierte, von ChatGPT generierte Texte kann gerade angesichts des Fachärzt:innenmangels zukünftig gleichwohl hilfreich sein.“

Literatur: Haase et al. ChatSLE: consulting ChatGPT-4 for 100 frequently asked lupus questions. The Lancet Rheumatology. 2024. DOI: doi.org/10.1016/S2665-9913(24)00056-0

Kontakt für Rückfragen: Dr. Isabell Haase , III. Medizinische Klinik und Poliklinik

Zunahme medizinischer Diagnosen im Zusammenhang mit Cannabiskonsum

Eine Zunahme psychischer Störungen und Verhaltensstörungen durch Cannabiskonsum in der deutschen Bevölkerung haben Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) in einer Studie festgestellt. Im Untersuchungszeitraum zwischen 2009 und 2021 stiegen zudem der Anteil der Cannabiskonsument:innen in der Allgemeinbevölkerung und die Zahl der registrierten Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz wegen Besitzes geringer Mengen an Cannabis. Relativ gesehen war der Anstieg in den einzelnen Kategorien bei Konsument:innen zwischen 35 und 59 Jahren am stärksten ausgeprägt, während er bei Minderjährigen eher stagnierte. Cannabiskonsum und Gesundheitsprobleme scheinen nach den Ergebnissen der Studie zudem in den nördlichen Bundesländern und den Stadtstaaten stärker ausgeprägt zu sein, während bei Straftaten in diesem Zusammenhang kein eindeutiger geografischer Trend zu beobachten war. Ihre Studienergebnisse haben die Forschenden im Fachmagazin European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience (EAPC) veröffentlicht.

Die Wissenschaftler:innen griffen für ihre Untersuchung auf bevölkerungsbezogene Erhebungen zum Cannabiskonsum sowie Routinedaten zurück. Letztere umfassen die Diagnosen in Verbindung mit Cannabiskonsum in ambulanten medizinischen Einrichtungen sowie Bagatelldelikte hinsichtlich des Besitzes von Cannabis. „Die Nachfrage nach ambulanten Behandlungen im Zusammenhang mit Cannabis ist stärker gestiegen als die Zahl der Konsument:innen, was eine zunehmende Herausforderung für das Gesundheitssystem darstellt. Auch die gestiegenen Raten für dokumentierte Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz müssen hinsichtlich der nun gesetzlich verankerten rückwirkenden Erlassung von Strafen bei der Bewertung dieser jüngsten Gesetzesänderungen in den Blick genommen werden“, sagt Dr. Jakob Manthey, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE.

Literatur: Manthey, Klinger, Rosenkranz et al. Cannabis use, health problems, and criminal offences in Germany: national and state-level trends between 2009 and 2021. European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience. 2024. DOI: doi.org/10.1007/s00406-024-01778-z

Kontakt für Rückfragen: Dr. Jakob Manthey , Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Rezeptoren in der Knochenhaut beschleunigen Heilung nach Knochenbrüchen

Patient:innen mit Knochenbrüchen haben ein Risiko von 10 bis 15 Prozent, dass die Fraktur trotz modernster chirurgischer Versorgung nicht adäquat heilt. Häufig kann diese Komplikation nur durch mehrfache und aufwändige Folgeoperationen behandelt werden. Dabei war lange unklar, warum die Knochenheilung bei Patient:innen mit einem begleitenden Schädel-Hirn-Trauma paradoxerweise deutlich verbessert ist. Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) unter Leitung von Prof. Dr. Johannes Keller, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, konnten jetzt in Kooperation mit der Charité Berlin erstmals zeigen, dass dieses Phänomen auf eine vermehrte Aktivierung von Beta-adrenergen Rezeptoren in der Knochenhaut, dem sogenannten Periost, zurückzuführen ist. Dadurch wird der Knochenbruch während der Heilung durch eine verstärkte Gefäßneubildung besser durchblutet und der Auf- und Umbau von Knochengewebe im Frakturspalt beschleunigt. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler:innen aus dem Bereich experimentelle Unfallchirurgie in der Fachzeitschrift Science Translational Medicine veröffentlicht.

Die erhobenen experimentellen und klinischen Daten weisen nicht nur darauf hin, dass Patient:innen unter Betablockertherapie eine gestörte Frakturheilung aufweisen können. Sie zeigen auch, dass die Anwendung von Beta-adrenergen Stimulanzien, wie sie seit Langem zur Behandlung von Asthma oder COPD eingesetzt werden, für die lokale Therapie der gestörten Knochenheilung geeignet sein könnte.

Literatur: Jahn, Knapstein, Otto, Köhli et al. Increased β2-adrenergic signaling promotes fracture healing through callus neovascularization in mice. Science Translational Medicine. 2024. doi.org/10.1126/scitranslmed.adk9129

Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Johannes Keller , Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie und Orthopädie

Welche Rolle spielen Persönlichkeitsmerkmale bei der Krebsvorsorge?

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind bis zu 50 Prozent aller Krebserkrankungen vermeidbar. Früherkennungsuntersuchungen werden in vielen Ländern von den Krankenkassen übernommen – dennoch ist die Teilnahmequote daran in Deutschland relativ niedrig. Welche Rolle Persönlichkeitsmerkmale bei der Krebsvorsorge spielen, hat ein Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. André Hajek, Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), untersucht. Die Wissenschaftler:innen haben dafür Befragungsdaten von 132.298 Teilnehmenden mit einem durchschnittlichen Alter von 53 Jahren der bevölkerungsbasierten Kohortenstudie NAKO unter der Frage ausgewertet, welche Krebsvorsorgeuntersuchungen sie in den vergangenen fünf Jahren wahrgenommen haben und welchen Persönlichkeitsmerkmalen sie sich selber zuordnen. Ziel der Studie war es, anhand dieser Daten den Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsfaktoren und der Inanspruchnahme der Vorsorge zu untersuchen. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler:innen im Fachjournal Preventive Medicine Reports veröffentlicht.

Die Forschenden fanden heraus, dass stärker extrovertierte, eher neurotische und gewissenhafte Menschen mit höherer Wahrscheinlichkeit Krebsvorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. „Wir vermuten, dass das stärkere Maß an positiven Emotionen dieser Menschengruppe Ängste reduziert, die möglicherweise mit einer Vorsorgeuntersuchung verbunden sind. Überraschend war, dass Menschen, die sich prinzipiell als neugierig und offen für Erfahrungen beschreiben, weniger Vorsorgeuntersuchungen besucht haben“, berichtet Prof. Hajek. Diese Ergebnisse können unter anderem dazu beitragen, die Nichtteilnahme an Krebsvorsorgeuntersuchungen aus psychologischer Sicht besser zu verstehen und die Angebote der Krebsvorsorge gezielter auf diese Zielgruppe anzupassen.

Literatur: Hajek et al. Personality and the use of cancer screenings – Results of the German National Cohort. Preventive Medicine Reports. 2024. DOI: doi.org/10.1016/j.pmedr.2024.102677

Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. André Hajek , Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung

DFG fördert Forschung zu erblichen Aortenerkrankungen

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt mit rund 750.000 Euro ein dreijähriges translationales Forschungsprojekt zur Vererbung von Aortenerkrankungen unter der Leitung von Prof. Dr. Friederike Cuello, Institut für Experimentelle Pharmakologie und Toxikologie des UKE, Dr. Till Joscha Demal, Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des Universitären Herz- und Gefäßzentrums (UHZ) des UKE, und Prof. Dr. Friedrich W. Herberg, Abteilung Biochemie der Universität Kassel.

Hauptziel des Projekts ist die Erforschung erblicher Erkrankungen der Hauptschlagader (Aorta), die zu den häufigsten kardiovaskulären Erkrankungen in westlichen Industrienationen gehören. Diese Erkrankungen können im frühen Lebensalter zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie Aortendissektionen führen, bei denen eine akute Rissbildung in der Aortenwand auftritt. 30 bis 50 Prozent der Betroffenen versterben, noch bevor sie ein Krankenhaus erreicht haben. Bisher gibt es keinen zuverlässigen Risikoprädiktor, der Patient:innen mit einem erhöhten Risiko für Aortendissektionen identifizieren kann, was eine rechtzeitige Behandlung erschwert. Ein bekanntes Risikogen, das mit der Krankheitsentstehung in Verbindung gebracht wird, ist PRKG1. Jedoch ist unklar, wie genau PRKG1 zur Entstehung dieser Erkrankungen beiträgt und in welchem Ausmaß PRKG1-Mutationen das Risiko erhöhen. Das interdisziplinäre Forschungsteam plant daher, genetische Varianten von PRKG1 in einer großen Gruppe von Patient:innen mit thorakalen Aortenerkrankungen zu identifizieren und ihre molekularen Mechanismen im Labor zu charakterisieren. Dies beinhaltet auch, die Erkrankung in einem Modell aus humanen induzierten pluripotenten stammzellabgeleiteten glatten Gefäßmuskelzellen genauer zu untersuchen, um langfristig zu Verbesserungen in der Prävention und Behandlung der Betroffenen beizutragen.

Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Friederike Cuello , Institut für Experimentelle Pharmakologie und Toxikologie; Dr. Till Joscha Demal , Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des UHZ


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