Kommunikationsprozesse in der Sprechstunde des integriert arbeitenden Hausarztes

Beteiligt waren drei Hamburger Hausärzte (I. Müller, Dr. P. Herzog, Dr. B. Martius), I. Wischmann (als Doktorandin) und studentische Hilfskräfte. Supervision erfolgte durch Prof. Dr. Uwe Flick, Alice Salomon Fachhochschule Berlin. Unterstützt wurde das Vorhaben auch durch die Hamburger Regionalgruppe der Akademie für integrierte Medizin

Zusammenfassung

Dieses qualitative Forschungsvorhaben befasste sich mit der Frage, wie integriertes Arbeiten in der Sprechstunde des Hausarztes konkret aussieht, und zwar vor allem im Hinblick auf den Umgang des Hausarztes mit dem Teil der subjektiven Wirklichkeit des Patienten, der als Krankheitskonzept abgegrenzt werden kann. Es nahmen drei Hausärzte, die sich alle als integriert arbeitend begreifen und neben dem Facharzt für Allgemeinmedizin die Zusatzqualifikation Psychotherapie besitzen, teil. Neben Grundsatzinterviews mit den drei Ärzten über ihren Werdegang und ihre Arbeitsweise bestehen die Datenquellen aus 27 Fallanalysen. In diesen Fallanalysen wurden zunächst ein beliebiges Sprechstundengespräch aufgezeichnet, auf dessen Inhalte bezogen dann Interviews mit dem betreffenden Patienten und Hausärzten geführt wurden. Bei der Auswertung kamen die Grounded Theory und die Gesprächsanalyse zur Anwendung.

Die subjektiven Krankheitsvorstellung der Patienten spielen in den meisten Fällen eine eher untergeordnete Rolle. Die Hausärzte legen wenig Wert darauf, ihre Inhalte gezielt zu erfragen. Ausweichende Umgangsstrategien wie Zustimmung trotz inhaltlicher Dissensen oder das Unterlassen eines Eingehens können häufiger beobachtet werden als responsives ärztliches Verhalten. Verhandlungen über abweichende Krankheitskonzepte erstrecken sich oft über einen längeren Zeitraum. Die Patienten scheuen sich, dem Arzt ihre Krankheitsvorstellungen zu erzählen, geschieht es doch, so unter Verwendung verschiedener Schutzmechanismen und eher unbeabsichtigt. Krankheitsvorstellungen der Patienten werden oft dann offenbart, wenn die Patienten etwas konkretes wie z.B. eine Verordnung erreichen oder auch verhindern wollen, ohne sie direkt zu fordern oder abzulehnen. Dementsprechend dominieren thematisch Krankheitsvorstellungen aus dem Bereich des therapeutischen Prozederes, gefolgt von Ursachenvor-stellungen.

Für integriertes Arbeiten scheint das "meisterdetektivische" Erfassen der Krankheits-vorstellungen im Detail und deren Korrektur auf der Sachebene unwichtig zu sein. Wichtig ist es den Ärzten hingegen, den Patienten in seiner ganzen Person mit seinem sozialen Hintergrund zu begreifen und diese zu berücksichtigen. Zu akzeptieren, was der Patient möchte und was er nicht möchte, ist den Ärzten ein zentrales Anliegen, wenn es auch manchmal Grenzen des Erfüllbaren gibt. Dabei sind die Kenntnis des Patienten, ein intuitives Einfühlen sowie die Wahrnehmung von non-verbalen Signalen mindestens so wichtig wie verbale Informationen.

Hintergründe und Ziele

Die Depression ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter. Häufig bleibt sie jedoch unerkannt. Weiterhin existieren im Zusammenhang mit der Diagnose und Therapie von psychischen Erkrankungen oft Hemmschwellen. Eine adäquate Therapie in der Hausarztpraxis ist zeitaufwändig. Besteht Bedarf an einer fachärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlung, wird auf-grund langer Wartezeiten die notwendige Betreuung häufig nicht zufriedenstellend erreicht. Es resultiert die Gefahr einer Chronifizierung der Depression. Forschungsziel ist die Feststellung, ob die Anpassung und Implementierung des IMPACT-Programms in Deutschland praktikabel und sowohl die gut belegte Wirksamkeit als auch die positive Kosten-Nutzen-Bilanz der Intervention ebenfalls in Deutschland zu beobachten sind.

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Förderer: Carl-Gustav-Carus-Stiftung

Laufzeit: 09/1998 - 2000

Partner: Hamburger Hausärzte

Kontakt: sekretariat-ifa