Unter dem Begriff Ersatzstimme versteht man den Ersatz der natürlichen Stimmgebung durch Alternativen. Diese Form der Stimmerzeugung kommt zum Einsatz, wenn das natürliche Stimmorgan, der Kehlkopf (Larynx), nicht mehr funktionstüchtig oder nicht mehr vorhanden ist. So ist beispielsweise bei einigen fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren trotz großer Fortschritte in der Tumortherapie eine Kehlkopfentfernung unumgänglich. Mit der Entfernung des Kehlkopfes wird zum einen das Ton generierende Organ entnommen, und zum anderen werden der zuvor gemeinsame Luft- und Speiseweg getrennt. So erfolgt der Luftstrom beim Atmen nicht mehr vom Nasenrachenraum in die Luftröhre und umgekehrt, sondern vom Luftröhrenschnitt (Tracheostoma) aus.
Doch auch ohne Kehlkopf kann eine Stimme, die Ersatzstimme, erzeugt werden. Als Tongenerator dient nunmehr die Schleimhaut der Speiseröhre. Um diese in Schwingungen zu versetzen, muss Luft durch die Speiseröhre strömen, was aufgrund der Trennung von Luft- und Speiseweg nicht so einfach möglich ist.
Möglichkeiten für eine Ersatzstimmgebung
Eine Methode dafür ist die sog. Ruktusstimme, bei der die geschluckte Luft wieder nach oben gebracht („gerülpst") wird.
Eine für den Patienten sehr viel einfachere und komfortablere Alternative kann durch eine künstlich angelegte Verbindung (Shunt) zwischen Luft- und Speiseröhre erreicht werden, durch die nach Abdichten des Tracheostomas die Luft von der Luft- in die Speiseröhre gelangen kann. Damit jedoch umgekehrt keine Nahrung oder Speichel aus der Speise- in die Luftröhre gelangt, wird eine Ventilprothese in den Shunt eingesetzt. Durch diese gelangt der Luftstrom also nur unidirektional in die Speiseröhre und führt hier zu den Schleimhautschwingungen und der Tonproduktion.
Aufgrund der einfachen Handhabung und fast immer guten Ersatzstimmgebung entscheiden sich heutzutage die meisten Patienten für eine Stimmprothese. Diese wird in der Regel bereits im Rahmen der Kehlkopfentfernung eingesetzt, kann aber auch noch später angelegt werden. Nach Abklingen der postoperativen Schwellung können über 90% der Patienten eine gute Ersatzstimme bilden, wobei anfangs eine logopädische Anleitung und Übungstherapie sinnvoll sind.
Ursachen für eine fehlende oder unbefriedigende Ersatzstimme
Eine gründliche Untersuchung durch den HNO-Arzt und/oder Phoniater sollte zunächst technische Gründe, wie z. B. eine unpassende Prothese und /oder Trachealkanüle sowie einen zu hohen oder zu niedrigen Anblasdruck prüfen. Eine Optimierung der Stimmtechnik durch eine darin erfahrene Logopädin bzw. Logopäden ist anzuraten. Aber auch narbige oder muskuläre Engen im Bereich der oberen Speiseröhre können ein Ausbleiben der Ersatzstimmgebung bedingen. Diese Engstellungen bedingen, dass die Luft nicht nach oben Richtung Mund entweichen kann, sondern stattdessen in die andere Richtung (den Magen) gelangt. In diesem Fall könnte ggf. eine Injektion von Botulinumtoxin eine mögliche Therapie darstellen.